Auch ein Stück weit Managerin
Mirjam Furrer leitet seit August die Luzerner Pfarrei MaiHof – St. Josef, als erste Frau in dieser Funktion. Sie ist Seelsorgerin und Managerin zugleich.
«Der MaiHof bleibt eine Kirche», sagt Mirjam Furrer. Bild: Vera Rüttimann
Mirjam Furrer stand vorne auf der Bühne, als die Pfarrei Maihof St. Josef vor drei Monaten ihr 80-Jahr-Jubiläum feierte. Mit ihr zeigten sich viele Leute dem Publikum, die die Pfarrei unweit des Rotsees mit ihrer Arbeit geprägt haben und noch immer prägen.
Seit August letzten Jahres ist Mirjam Furrer Leiterin des «Maihof – Pfarrei St. Josef». Die 42-jährige Theologin trat die Nachfolge von Franz Zemp an, der nach 18 Jahren in den Pastoralraum «Oberer Sempachersee» wechselte.
Der Geist der Kapuziner
Mirjam Furrer empfängt den Gast in ihrem Büro im Maihof. Dort gibt sie Einblick in ihr Leben. Die unternehmungslustig wirkende Frau ist in Stans aufgewachsen. Dort ging sie ins Kollegium. Das wurde schon in ihrer Zeit nicht mehr von den Kapuzinern geführt. Deren Geist aber, der sei noch spürbar gewesen. Sie habe ein lebendiges kirchliches Umfeld gehabt in ihrer Jugend – mit Jugendgruppentreffen und jungen, engagierten Religionslehrer*innen.
Von 1999 bis 2005 studierte Mirjam Furrer Theologie und Judaistik mit Masterabschluss in Luzern und Jerusalem. Das Studienjahr in Israel und Palästina hat sie nachhaltig geprägt. Die gebürtige Stanserin konnte an vielen Exkursionen teilnehmen, die sie zu archäologisch spannenden Ausgrabungsstätten führten. Das Land der Bibel wurde quasi lebendig. «Insbesondere die Wüste und Jerusalem, die heilige Stadt des Judentums, Christentums und des Islam und die dort lebenden gläubigen Menschen haben mich sehr fasziniert.»
Mirjam Furrer machte zusätzlich den Bachelor in orientalischen Kulturwissenschaften an der Universität Bern. 2017 doktorierte sie mit einer Arbeit über die Schweizer Theologen Hans Urs von Balthasar und Hans Küng an der Theologischen Fakultät Luzern.
Wohnen im Maihofquartier
Vor ihrer Stelle am Maihof arbeitete sie ab 2015 als Seelsorgerin in der Pfarrei St. Leodegar an der Hofkirche in Luzern. In dieser Zeit zog sie mit ihrer Familie ins Maihofquartier. «Ich habe den Maihof dann immer besser kennen gelernt. Einerseits durch meine Arbeit in der Nachbarpfarrei, andererseits durch die Teilnahme an Gottesdiensten und Veranstaltungen für Kinder und Familien.»
«Diese Pfarrei ist von einem offenen Geist geprägt.»
Mirjam Furrer
Den Maihof sei schon lange eine theologisch sehr offene Pfarrei, sagt Mirjam Furrer. Schon in den 70er-Jahren habe man hier begonnen, Wert zu legen auf eine verständliche liturgische Sprache.
Man habe schon damals viele spannende Leute aus Kirche, Politik und Kultur zu Podien eingeladen. «Diese Pfarrei ist von einem offenen Geist geprägt», sagt Furrer. Vor knapp zehn Jahren wurde die Kirche umgebaut. Seither kann man den grossen Kirchensaal auch anders, vor allem multifunktional, nützen. Damit habe sich die Pfarrei noch mehr geöffnet, so Furrer. Man kann die Kirche mieten für verschiedene Anlässe.
Als wir die Kirche betreten, zeigt Mirjam Furrer mit der Hand in den Chor und sagt: «Dort hängt noch immer ein grosses Kreuz. Der Maihof bleibt eine Kirche», sagt sie.
«Offenbar ist es doch nicht selbstverständlich, dass eine Frau eine Pfarrei leitet.»
Mirjam Furrer
In ihrem Arbeitsalltag als Pfarreileiterin trifft unterschiedliche Menschen: Leuten aus Vereinen und Gruppierungen aus dem Maihofquartier, die die Räume des Pfarreizentrums nutzen. Die Musiker*innen, die in der Kirche proben. Und viele Menschen mit Migrationshintergrund. Die Pfarreileiterin: «Sie leisten hier im Maihof einen wichtigen Beitrag.»
Die erste Frau
Mirjam Furrer ist die erste Frau als Leiterin des Maihof. Darauf wird sie immer wieder angesprochen. «Offenbar ist es doch nicht selbstverständlich, dass eine Frau eine Pfarrei leitet», sagt sie lachend. Die Resonanz auf ihren Stellenantritt sei jedoch durchwegs positiv gewesen. Im Maihof, so glaubt sie, wäre das schon vor zwanzig Jahren möglich gewesen.
Ist das Priesteramt für Frauen für sie ein Thema? «Nicht, so lange das Priesterbild so ist, wie es derzeit ist», betont sie. Sie wolle nicht geweiht werden, um sich dann so stark von anderen zu unterscheiden. Vom «Rest», wie sie sagt.
Managerin und Seelsorgerin
Wortgottesdienste mit Kommunion, regelmässige Gespräche mit Mitarbeitenden, lange Sitzungen – der Arbeitsalltag einer Pfarreileiterin ist fordernd. «Ich bin in einer Leitungsfunktion, die sehr viel organisatorische Arbeit mit sich bringt», sagt Mirjam Furrer. Ein Stück weit sei sie Managerin.
Und immer wieder auch Theologin und Seelsorgerin, die das Ohr nahe an den Leuten in der Pfarrei haben möchte. «Gespräche mit ihnen ergeben sich nach dem Gottesdienst, auf der Strasse oder in unserem gemütlichen Bistro im Pfarreizentrum», sagt sie.
Mirjam Furrer ist Mutter von drei Kindern im Alter von vier, sieben und zehn Jahren. Die Frage, wie sie ihre Arbeit als Pfarreileiterin mit der Familie vereinbaren kann, überrascht sie. «Das ist bei mir nicht viel anders als bei anderen berufstätigen Eltern», sagt sie. Ihr 65-Prozent-Pensum gebe ihr gewisse Freiheiten.
Die Nähe erleichtert die Arbeit
Ihr Beruf ist relativ flexibel, einige Termine lassen sich frei einteilen. Durch die Arbeit im Quartier, wo sie auch wohnt, lassen sich Beruf und Familie gut kombinieren. «Dadurch, dass ich nur zu 65 Prozent arbeite, bin ich vielleicht ein bisschen weniger präsent in der Pfarrei. Auf der anderen Seite ergeben sich durch die Familie andere Kontakte», sagt sie. Wichtig sei ihr auch, dass ihr Mann ihr Engagement mitträgt: «Er unterstützt mich. Ohne das würde es nicht gehen.»
Die Arbeit als Gemeindeleiterin im Maihof erfüllt sie. Und sie hat Träume und Hoffnungen. Sie möchte mithelfen, die Pfarrei so zu erhalten, wie sie jetzt ist und gleichzeitig in eine lebendige Zukunft führen. «Dazu braucht es aber nicht nur mich, sondern all die verschiedenen Menschen, die hier ein- und ausgehen, mitarbeiten und den Maihof prägen.»