Beten als Begegnung mit Gott

Wie betet man «richtig»? Diese Frage haben sich wohl schon viele Gläu-
bige gestellt. Jesuit Martin Föhn wirkt an einem Podcast mit, der zum täglichen Gebet einlädt.

Von Johannes Senk, KNA |  12.01.2024

«Beten kann man lernen», ist Martin Föhn überzeugt. Bild: jesuiten.org

Das Gebet ist eine der zentralen Ausdrucksformen des Glaubens. Was macht ein «richtiges» Gebet aus?
Martin Föhn:
«Richtiges» Beten finde ich schwierig zu sagen. Zunächst gibt es unglaublich viele Arten des Gebets, man sollte es nicht auf eine reduzieren. Aber ich glaube schon, dass es ein gutes Beten gibt. In dem Sinne, dass es eine Begegnung mit Gott gibt und ich mich und mein Leben in dieses Gespräch mit hineinnehme.

Kann man das lernen?
Definitiv kann man lernen zu beten. Unser Ordensgründer Ignatius von Loyola hat gesagt, es gebe Übungen für den Körper, also sportliche Betätigungen, und für die Seele gebe 
es geistliche. Das Gebet ist so eine Übung. Wir lernen, in Beziehung zu Gott zu kommen und zu uns selbst.  In unserem Podcast «einfach beten!» etwa durch Betrachtung und Sich-Einschwingen auf biblische Texte. Das braucht Übung, und dazu gehört auch, dass man es regelmässig wiederholt.

Regelmässig – das heisst wie oft?
Die Bibel sagt, wir sollen ununterbrochen beten (lacht). Das ist das Ideal und bedeutet, dass das ganze Leben zum Gebet werden kann. Täglich eine explizite Gebetszeit ist sinnvoll. Besser ist es noch, wenn man am Morgen und am Abend betet. Man braucht einfach eine gewisse Zeit, um reinzukommen und es sich zur Gewohnheit zu machen. Ohne regelmässige Übung wachsen die Muskeln der Aufmerksamkeit und des Sich-Verbindens nicht. Und je geübter man ist, desto mehr Freude macht es auch.

Achtsamkeit und Meditation sind populäre Formen der inneren Einkehr. Was ist der Unterschied zum Gebet?
Achtsamkeit und Meditation sind wichtige Grundlagen, die es auch für das Gebet braucht. Wenn ich beten will, muss ich achtsam werden, wo mein Fokus ist, wo ich im Gebet wirklich präsent bin. Das Gebet öffnet dann aber einen noch weiteren Raum, in dem ich mein ganzes Leben vor dem Hintergrund des Glaubens und der Botschaft Gottes reflektieren kann. Und Gott wird als Person angesprochen.

Den Podcast «einfach beten!» der Jesuiten gibt es neu täglich. Was erwartet die Hörenden da? 
Das Evangelium wird gelesen und dann helfen wir, in die Reflexion darüber zu kommen: Was berührt mich an dieser Stelle und was will diese Stelle für mich aussagen? Wir wollen darin eintauchen, ein bisschen wie in einer Art Kopfkino. Die Botschaft soll für den Alltag greifbar gemacht werden und Orientierung im Leben bieten.

Also mehr ein Impuls zum Beten als eine Anleitung für ein gemeinsames Gebet?
Im besten Fall ist es beides zusammen. Durch die musikalische Unterlegung kommt man in Gebetsstimmung, verbindet sich mit den anderen Menschen und mit Gott. Dann hört man den Bibeltext und setzt sich damit auseinander. Zwischendurch gibt es auch immer Ruhemomente. Es soll einfach eine gute Atmosphäre zum Gebet sein. Wir orientieren uns dabei an der ignatianischen Betrachtung.

An wen richtet sich Ihr Angebot?
Prinzipiell steht der Podcast natürlich allen Menschen offen. Wir rechnen mit einem auditiven Publikum und mit Menschen, die sich damit aus-
einandersetzen wollen. Mit «Pray as you go» und «Prie en chemin» haben wir Jesuiten im Englisch- und Französischsprachigen schon solche Formate etabliert; dort hören sehr viele Menschen diesen Podcast, nicht nur Katholik:innen, sondern auch Christ:
innen aus anderen Konfessionen. 

Martin Föhn (41) kommt aus Muotathal. Heute arbeitet der Jesuit im Bereich Bildung und Spiritualität in der Spezialseelsorge für den Pastoralraum Basel-Stadt und in der Studierendenseelsorge.

Täglich ein Impuls zum Tagesevangelium

In kurzen Episoden von 10 bis 15 Minuten betrachtet der Podcast «einfach beten!» die Bibeltexte des Tages, um Gottes Botschaft für den persönlichen Alltag greifbar zu machen. Verschiedene Musiktitel und angeleitete Fragen helfen, sich auf das Thema einzustimmen, und lassen Raum für Reflexion und persönliches Gebet. Der Podcast der Jesuiten Zentraleuropas startete an Ostern 2023 auf Deutsch, zuerst mit wöchentlichen Episoden zum Sonntagsevangelium. Seit Dezember gibt es täglich eine Episode. Diese werden unter Mithilfe vieler Freiwilliger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in Zürich produziert.