«Betet, damit dieser Krieg aufhört»
In der Stadt Gaza leben auch Christ:innen. Wie es ihnen angesichts der Bombardierungen durch die israelische Armee geht, berichtet das katholische Hilfswerk «Kirche in Not». Es arbeitet vor Ort mit Projektpartnern zusammen.
Über 500 Christ:innen – katholische und orthodoxe – leben auf dem Gelände der Pfarrei «Heilige Familie» in der Stadt Gaza. Bild: Pfarrei Hl. Familie, Gaza
Die Ordensschwester Nabila ist kaum zu verstehen: «… ziemlich …», «… gut …», «… Kirche ...», dann ist die Leitung wieder tot. Die Telefonleitungen sind gekappt und Anrufe über Onlinedienste werden ständig unterbrochen. So geht das schon seit einigen Wochen. Nur ab und zu kommen ein paar Textnachrichten an: «Uns geht es gut.» Bei Nachfrage wird deutlich: «gut» bedeutet, dass sie am Leben sind. Denn es fehlt an allem.
Ein anderer Projektpartner von «Kirche in Not (ACN)», zu dem die Telefonverbindung stabil ist, der aber aus Angst vor Repressalien lieber anonym bleiben möchte, sagt: «Unsere Leute leiden, jede Minute. Jedes Mal, wenn beide Seiten über einen Waffenstillstand sprechen, nimmt die Intensität der Militäroperationen zu.» In den vergangenen zwei Wochen war das Viertel Al Zeyton, in dem sich die Pfarrei der Heiligen Familie befindet, von heftigen militärischen Zusammenstössen und von Beschuss betroffen. Auf dem Gelände der Pfarrei leben gemäss «Kirche in Not» insgesamt 512 Christ:innen – katholische und orthodoxe –, darunter 120 Kinder, 60 von ihnen mit Behinderungen, sowie 84 Menschen über 65 Jahre.
Bargeld nützt wenig
Die Lebensmittelversorgung ist sehr, sehr eingeschränkt. «Das Problem hat nichts mit verfügbarem Bargeld zu tun», erklärt dieselbe Quelle. «Es ist einfach so, dass die Lebensmittel knapp sind und es schwierig ist, sie irgendwo zu finden.» Die christliche Gemeinschaft ergreife jede Gelegenheit, um Trinkwasser und Lebensmittel zu sichern.
Mit Hilfe von «Kirche in Not » und anderen Organisationen ist das Lateinische Patriarchat in der Lage, zwei Mahlzeiten pro Woche und jeden zweiten Tag einen Laib Brot pro Person bereitzustellen. An den anderen Tagen muss die Gemeinde jedoch ebenfalls mit diesen Vorräten auskommen oder versuchen, auf andere Weise Nahrung zu finden.
Teilen wird alltäglich
«Die Menschen sind stundenlang unterwegs, um eine kleine Kiste mit Lebensmitteln zu bekommen, die am Ende nicht einmal für drei Personen reicht. Bei dieser erzwungenen Diät wird das Teilen zu einem Teil des täglichen Lebens und einer neuen christlichen Identität», so der Projektpartner weiter.
Die Wasserversorgung ist derzeit eine grosse Herausforderung. Es gibt Probleme mit der Reinigung des Trinkwassers, während das Wasser für Toiletten und Sanitäranlgen verschmutzt ist. Die Gesundheitssituation ist besorgniserregend: Menschen verlieren aufgrund des Nahrungsmangels an Gewicht, Kinder leiden an einem Virus, das Übelkeit und Durchfall verursacht. Es gibt ältere Menschen, die dringend medizinische Hilfe benötigen, aber derzeit nicht ins Krankenhaus gebracht werden können.
Obwohl die Kommunikation mit Schwester Nabila sehr schwierig ist, gibt es eine Sache, um die sie immer wieder bittet: «Betet für uns, betet für die gesamte Bevölkerung, damit dieser Krieg aufhört.»