Blitzlichter aus dem Klosterleben
Mitschwestern am Computer und beim Putzen, junge Vögel im Nest, ein Regenbogen über dem Kloster Baldegg: Sr. Karin Zurbriggen gibt in den sozialen Medien Einblick in den Klosteralltag.
«Macht die Augen auf, ihr habt die Wunder vor der Nase.» Das möchte Sr. Karin mit ihren Fotos auf Instagram zeigen. Bild: Roberto Conciatori
Vor ein paar Jahren hat Schwester Karin Zurbriggen von ihrem Bruder ein Smartphone geschenkt bekommen. Seither steckt das Handy in der Tasche ihres Ordensgewandes, im Hinterkopf der Gedanke: «Was poste ich heute auf Instagram?» Schwester Karin sorgt für den Auftritt des Klosters Baldegg in den sozialen Medien.
«Uns gibt es auch!»
Es habe einige Zeit gebraucht, bis sich die Mitschwestern auf das Projekt eingelassen, die Angst vor dem Internet verloren hätten, erzählt Schwester Karin in einem Besuchszimmer des Klosters im Luzerner Seetal, mit Blick auf einen der zahlreichen Innenhöfe. Als der Klosterbau aus den70er-Jahren kürzlich für seinen runden Geburtstag gefeiert wurde, war der Anlass gegeben, um auch auf den sozialen Medien darüber zu berichten.
Ob Naturwunder oder Klosteralltag: Mit ihren Fotos auf Instagram möchte Sr. Karin Zurbriggen ihren Follower:innen Hoffnung, Freude und Trost schenken. | Bilder: Sr. Karin Zurbriggen
Die ersten Beiträge von SchwesterKarin zeigen darum Bilder vom Bauhaus-Kloster und den Festivitäten rund um das Jubiläum. Aber dann geht es weiter mit Handfestem: Alte Klosterfrauen mit Schleier, Schürzen und Fleecejacken putzen im Hof die Holzbänke, die dann ins Winterlager gebracht werden. «Unsere Beiträge sollen Blitzlichter aus dem Klosterleben sein», sagt Schwester Karin. «Uns gibt es auch!», will sie in die digitale Welt rufen. Nicht mehr und nicht weniger. Ihr Instagram-Kanal sei absichtslos. Keine Werbung, keine Rekrutierung. Im besten Fall Hoffnung, Freude oder Trost für die Follower.
Sr. Karin (vierte von links) postet niemals ein Foto von einer Mitschwester, ohne es ihr vorher gezeigt zu haben. Mit ihren Fotos auf Instagram bereitet sie offensichtlich Freude. |Bild: Roberto Conciatori
Schneeflocken in Slow Motion
«Ich habe so viele Wunder um mich herum, ich muss nirgends hin», sagt die Klosterfrau mit dem dezenten Walliser Akzent. Ich möchte den Menschen sagen: Leute! Macht die Augen auf, ihr habt die Wunder vor der Nase.» Darum filmt Schwester Karin manchmal Schneeflocken und lässt sie in Slow Motion vom Himmel fallen oder postet Sonnenuntergänge im Zeitraffer. Wunder überall.
Geerdeter Glaube
«Ich komme aus dem Wallis. Ich war viel in den Bergen und bin es gewohnt, mit beiden Füssen fest auf dem Boden zu stehen.» Schwester Karin betont, dass ihr Glaube geerdet sei. Keine flammenden Herzen, keine Erscheinungen suche sie, sondern einen Glauben, der verwurzelt sei und ihr
im Alltag helfe, nicht nur an besonderen Tagen. Denn auch im Kloster herrscht Alltag. Für die Besucherinnen und Besucher sei «Kloster Baldegg» eine Haltestelle der Bahn. Fürdie Schwestern sei es der alltägliche Lebensort. Berge von Wäsche zusammenlegen, Tische decken, Ordenskleider nähen. Die Baldegger Schwestern sind das Arbeiten gewöhnt. Sie haben ein Leben lang nichts anderes getan als gearbeitet und gebetet.
Bevor Schwester Karin online ging, hat sie alle Klöster in der Deutschschweiz angeschrieben. Sie hat die Ordensleute befragt, wie sie die sozialen Medien nutzen. Neben dem Kloster Baldegg sei nur eine weitere Frauengemeinschaft in den sozialen Medien unterwegs, nämlich Wurmsbach. Die Nase vorn hätten aber die Einsiedler Benediktinermönche, sagt die Klosterfrau neidlos. Von ihnen hat sich Schwester Karin schliesslich beraten lassen.
Vier-Augen-Prinzip
Niemals postet sie ein Foto von einer Mitschwester, ohne es ihr vorher gezeigt zu haben. Von Anfang an war ihr klar, dass sie Gesichter zeigen will. «Wir wollen uns zeigen und dazu stehen, wer wir sind und was wir glauben», sagt Schwester Karin. Bevor sie einen Beitrag postet, zeigt sie ihn Schwester Renata. «Wir arbeiten nach dem Vier-Augen-Prinzip.»
So macht sie es auch heute. In der Kapelle hat sie ein Bild vom Sarg ei-ner verstorbenen Schwester gemacht. Hat sie keine Skrupel? «Nein», sagt Schwester Karin, «wir glauben, dass der Tod nicht das Ende ist. Das will ich zeigen.» Zur Sicherheit hat Schwester Karin aber noch die Mitschwester gefragt, die der Verstorbenen besonders nahestand. Sie ist einverstanden.
Am meisten über die sozialen Medien gelern hat Schwester Karin von ihren jungen Kolleginnen und Kollegen im Altersheim in Hochdorf, wo sie als Pflegefachfrau arbeitet. Dorthin fährt sie bei Wind und Wetter auf ihrem Fahrrad. Wer das nicht glaubt, findet auch dafür den Beweis auf Instagram. Schwester Karin lässt sich nichts vormachen.
Die Bildschirmzeit habe sie gut im Griff, sagt die Instagram-Schwester. Am Mittag und am Abend prüfe sie ihren Account und poste einen Beitrag. Natürlich freue sie sich über ein Herzchen zu einem Beitrag, aber dann sei es gut.
Klöster auf Social Media
Soziale Medien wie Instagram oder Facebook sind digitale Plattformen, die der Vernetzung dienen. Ordensgemeinschaften sind in der Schweiz vor allem auf Facebook, einige auch auf Instagram aktiv. Laut einer Umfrage von Sr. Karin posten die Frauenklöster Baldegg und Mariazell in Wurmsbach selber. Bei den Männern tun dies die Benediktiner von Einsiedeln und Disentis (teilweise) sowie die Kapuziner. Auch andere Orden sind auf Social Media präsent, posten jedoch nicht selber. Dafür haben manche Ordensleute ein persönliches Profil, so etwa Priorin Irene Gassmann (Kloster Fahr) und Abt Urban Federer (Einsiedeln).