Das Licht, das für das Leben steht

Ostern: Licht bricht durchs Dunkel, Bunt verdrängt Schwarz. Dafür stehen die Kerzen, die in der Osternacht entzündet werden. Wie sie entstehen, ist eine ebenso bunte Geschichte. Beispiele aus Luzerner Pfarreien. 

Von Dominik Thali |  14.04.2022

«Abecho vom Alltag»: Jana Hanusch, Kathrin Kälin, Cédric Brun und Flavia Brun (von links) an einem der Abende, an dem das Team der «Minis» der Pfarrei Bruder Klaus in Emmen die Osterkerzen produzierte. Dominik Thali

Für sie sei das «abecho vom Alltag». Und: «eine kleine Quatschrunde». Jana Hanusch (15) vom Team der «Minis» der Pfarrei Bruder Klaus in Emmen sitzt an einem grossen Tisch im Pfarreiheim und drückt sachte grüne Blättchen aus Wachsfolie an den Tulpenstängel, den zuvor Cédric Brun (19) angebracht hat. Neben ihnen beiden sind Flavia Brun (16) und Kathrin Kälin (18) an der Arbeit. Das geht jeden Freitagabend in der Fastenzeit so. Oder so lange, bis die 300 Heimosterkerzen fertig sind. Für Cédric sind diese Abende «wie eine Meditation». Die Kerzen werden an Ostern für 15 Franken verkauft; unterm Jahr erhalten die Angehörigen von Verstorbenen eine geschenkt. Ein paar Franken vom Erlös fliessen in die «Minis»-Kasse.

Die Bruder-Klaus-Osterkerze entsteht. | Bild: Dominik Thali

«Anderer Bezug zu Ostern»

Für Sakristan Robi Schmidlin, der die Fertigung leitet, gibt es «einfach einen anderen Bezug zu Ostern, wenn man die Kerzen selber macht». Seit sieben Jahren entwirft jemand aus den Leitungsteams von Jungwacht/Blauring und «Minis» das Sujet, nachdem das Pfarreiteam im Dezember das Ostermotto festgelegt hat. «Aufbrechen, ausbrechen, aufblühen» lautet es heuer, es knüpft an das 50-Jahre-Jubiläum der Pfarrei vor einem Jahr an. Kathrin, «ein kreatives Talent», wie Cédric findet, machte sich Anfang Jahr an die Arbeit, ein Pfarreimitglied stellte wie schon oft kostenlos aus Metall die Schablonen her, mit deren Hilfe an einem Märzmorgen eine Freiwilligen­gruppe mit Leuten von 15 bis 90 die Teile des Sujets mit einem scharfen Messer ausschnitt.

Kathrin verliert nicht viele Worte, um ihren Entwurf zu erläutern, sie habe «einfach das Motto umgesetzt», sagt sie. Ihre Blume bricht aus einem goldenen Kreis aus, wächst in die Höhe und erblüht orange und rot. Die Kerze solle dazu ermutigen, den eigenen Weg zu suchen, um seine Talente entfalten zu können, meint Kathrin. Und nickt, als Schmidlin erzählt, wie stolz die Jugendlichen jeweils seien, wenn ihre Kerze in der Osternacht entzündet werde: «Es ist schon cool, wenn man weiss, dass die eigene Kerze jetzt bei 300 Leuten zuhause brennt.»

«Eine grosse Ehre»

So kreativ wie das «Bruder Klaus» in Emmen sind viele Luzerner Pfarreien. In Inwil etwa hat Edith Slamanig dieses Jahr zum zwölften Mal die Kerze entworfen. Das sei für sie «eine grosse Ehre», sagt die Pflegefachfrau. Sie richtet sich jeweils nach dem Erstkommunion-Thema. Ein Team von etwa zehn Frauen stellt die 180 Kerzen dann her.
Ein Künstler ist auch in Dagmersellen zugange: Das Sujet, für das sich der pensionierte Oberstufenlehrer Beat Rösli dieses Jahr in Absprache mit Pastoralraumleiter Andreas Graf entschieden hat, nimmt Jesu Einzug in Jerusalem am Palmsonntag und seinen Weg hin zum Karfreitag und zur Auferstehung auf. Er sei im Lauf der Jahre «immer anspruchsvoller» geworden, sagt Rösli, der die Hürntaler Osterkerze heuer zum siebten Mal gestaltet. Mit einer Gruppe Frauen aus Kirchenchor und Pastoralraum stellt er 440 Heimkerzen her. Eine erfahrene Gruppe, sagt Rösli.

Das Osterkerzen-Team der Pfarrei Inwil mit den Kerzen, die Edith Slamanig gestaltet hat. | Bilder: Silvia Achermann

 

Im Pastoralraum Im Rottal (Buttisholz, Ettiswil, Grosswangen) wiederum können alle mithelfen, die mögen. Das Osterkerzen-Team bereitet alles vor und zeigt, wie die Sujet-Wachsplättchen ausgeschnitten und geklebt werden. Ende März, Anfang April geht’s zur Sache: 1300 Kerzen müssen hergestellt werden. Dafür meldeten sich dieses Jahr gegen 50 Personen.

Aus jungen Händen kommen Sujet und Kerze noch in vielen Pfarreien. In Ruswil etwa. In Oberkirch. Oder im Pastoralraum Hitzkirchertal, wo die Blauringleiterinnen für die Gestaltung verantwortlich sind. In Schwarzenberg stellt die Jubla die Kerzen her – auch für die Spitalkapelle Wolhusen.

Kinobillette zu gewinnen

In Luzern St. Leodegar entwirft der Pfadipräses das Sujet, das die Pfadimädchen und -buben dann auf die 400 Heimosterkerzen übertragen. Der Verkaufserlös fliesst vollumfänglich in die Pfadikasse. In Luzern St. Karl schliesslich lässt Stefan Ludin im Religionsunterricht Sechstklasskinder Entwürfe zeichnen. Für die besten gibt es Kinobillette, «aber am Ende gewinnen alle», sagt Ludin. Denn die Sujets, die nicht für die grosse Osterkerze in Frage kommen, werden gleichwohl auf kleinen Kerzen umgesetzt, mit denen in der Osternacht die Prozessionskerzen entzündet werden.

Das Licht ist stärker

«Wenn wir uns jetzt, in diesen dunklen Tagen, einander Lichtvolles wünschen, weist das schon darauf hin, wie wichtig das Licht für das Verständnis des Ostergeschehens ist», sagt Thomas Villiger, Theologe und Pfarreiseelsorger im Pastoralraum Baldeggersee. Die Lichtfeier in der Osternacht weise darauf hin, dass die Nacht, das Dunkle und Schwere im Leben, all das Leid überwunden werde.

Die Osternacht sei die Mitte und der Höhepunkt des liturgischen Jahres, «wichtiger als das Licht an den Christbäumen an Weihnachten». Sie stehe für das Glaubensgeheimnis, dass Leiden, Tod und Auferstehung zusammengehören, erklärt Villiger. Mit Blick auf das Weltgeschehen fügt er an: «Wenn du und ich für Gottes Wort, seine befreiende, aufrichtende und tröstende Botschaft so solidarisch brennen, wenn wir so und in Wirklichkeit ein Licht entzünden, wird es heller um uns, mit uns und so auch durch uns, in der Welt – Ostern.»