Die Nacht, in der Kirche zum Erlebnis wird
In der «Langen Nacht» will sich die Kirche «einmal anders» zeigen. Im Kanton Luzern gestalten am 23. Mai über 70 Pfarreien und Kirchgemeinden ein entsprechendes Programm – bis in die Morgenstunden.

Im Mondschein durch die Nacht: An der «Langen Nacht der Kirchen» 2023 in Römerswil. | Bild: Nique Nager
Es läuft etwas an diesem Abend und in dieser Nacht: Dagmersellen zum Beispiel lädt an die «WunderBar» ein, Reiden zu «Soulfood und Sound», Rothenburg lüftet «Orgelgeheimnisse», und in Vitznau können Kinder Schlaginstrumente basteln. In Zell schliesslich dauert die Nacht bis in den Morgen: Auf der Wiese bei der Kirche stellt die Jubla Zelte auf, in denen nach dem Film in der Kirche übernachtet werden kann. «Bei einem solchen Grossanlass sind wir natürlich dabei», sagt Kirchgemeindepräsidentin Veronika Blum. Von der Idee, Kirche «einmal anders» sichtbar zu machen, wie es in der Ausschreibung heisst, hätten sich schon 2023 «auch Kirchenferne begeistern lassen».
...nicht vom Brot allein
Später wird’s auch in der reformierten Kirche Sursee. Nach der Gute-Nacht-Geschichte bettet man sich hier zum «Kirchenschlaf», der freilich für jene nicht lange dauern kann, die sich zur «Morgenexkursion» mit Vogelgezwitscher wecken lassen. In Sursee spannen – wie meistenorts – die Kirchen ökumenisch zusammen. «Die ‹Lange Nacht› ist eine gute Möglichkeit, uns neu und anders kennenzulernen», sagt Edith Stalder von der reformierten Kirche. In Emmen-Rothenburg sind auch die anderssprachigen Pfarreien eingebunden.

An der «Langen Nacht der Kirchen» 2023 in Dagmersellen. | Bild: Mathias Bühler
Bei Katharina Jost Graf, Seelsorgerin in Dagmersellen, tönt es wie in Sursee. Die «Lange Nacht» sei eine Gelegenheit, den Kirchenraum für andere Anlässe als Gottesdienste zu brauchen und «zu zeigen, dass Kirche viel mehr ist als Liturgie». Wichtig sei ihr allerdings, dass das Programm einen theologisch-religiösen Bezug habe. In Dagmersellen lautet das Motto entsprechend: «Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – eine Nacht voller Worte, Musik und Brot». Die Gäste bringen ihr Brot selber mit; der Pastoralraum offeriert das Dazu und die Getränke.

An der «Langen Nacht der Kirchen» 2023 in Hitzkirch. | Bild: Nique Nager
Auch Freikirchen dabei
«Die Kirchentüren öffnen»: Das ist auch der freikirchlichen Markuskirche an der Haldenstrasse in Luzern wichtig – ein Ort, den viele nicht kennen. «2023 waren tatsächlich einige Auswärtige da, die wir noch nie bei uns gesehen hatten», sagt Teammitglied Sabine Ingold. Die Vision der Markuskirche: «Dass Luzern Gott erlebt». Die «Lange Nacht» sei «eine geniale Gelegenheit, diese Vision zumindest für diesen Abend wahr zu machen».
Vieles für fast alle
Die gut 70 Pfarreien und Kirchgemeinden, welche dieses Jahr im Kanton Luzern mitmachen, decken mit Ausnahme des Entlebuchs den ganzen Kanton ab. Die Programmvielfalt ist immens und lässt keine Generation aus. Wie wäre es etwa mit Kneippen um Mitternacht? Dann ab auf Rigi-Kaltbad und die müden Füsse in die Quelle der Felsenkapelle tauchen.

An der «Langen Nacht der Kirchen» 2023 in Buchrain. | Bild: Emanuel Ammon
Musikalisch wiederum illustriert der Pastoralraum Malters-Schwarzenberg die Vielfalt. Hier treten nacheinander die Feldmusik und der Jodlerclub auf, Schwyzerörgeli inbegriffen, in der Mirjamskirche ist ein Konzert der Band Helgaz angesagt, der Blauring lädt zur «Lagersong-Hitparade» und um halb elf gibt’s eine Abendmeditation zu Gitarrenklängen. «Neugierig machen», so Rahel Reichelt, Pfarreiseelsorgerin in Ausbildung, soll auch die Lichtshow «Licht und Inspiration» in drei Kirchen von Malters und Schwarzenberg. Nebenbei: Wer mit dem Velo anfährt, kann sich dieses bei der Kirche Blatten segnen lassen.
Das Zusammensein zählt
Auf einen fröhlichen Abend sodann freut man sich in Horw und Ufhusen. Horw macht, wie 2023, die Strasse vor der Kirche und dem Pfarreizentrum zum Festplatz. «Das war vor zwei Jahren ein voller Erfolg», sagt Projektleiter Martin Heini. «Einmal anders» bedeute in Horw: «Die Kirche ausserhalb ihrer Mauern erlebbar machen, und zwar für alle Generationen.»

An der «Langen Nacht der Kirchen» 2023 in Horw. | Bild: Martin Heini
In Ufhusen wiederum passt die «Lange Nacht» zum 750-Jahre-Jubiläum der Pfarrei. Darauf kann an der Kirchenbar angestossen werden, es gibt eine Geocaching-Schnitzeljagd, Bräteln, Musik und mehr. Besonders freut Pfarreisekretärin Angelika Lustenberger, dass es in Ufhusen mit seinen kaum 1000 Katholik:innen genauso gut gelingt, «ein kleines Pfarreifest» auf die Beine zu stellen wie etwa im grossen Horw, wo die katholische Kirche fast 16 000 Mitglieder zählt. «Kirche ist ein Begegnungsort, das Zusammensein der Kern.»
«Feel good»
Dieser Aussage stimmt Monika Käch zu, Kirchenrätin in Adligenswil, das zum Pastoralraum «meggerwald pfarreien» gehört. Dort heisst das Motto auch deshalb «Feel good», weil man «unsere bekannten Probleme», so Käch, zumindest an diesem Abend beiseite lassen will und lieber «die Kirche im Dorf» in den Blick nimmt. Höhepunkte wie die «Silent Disco» oder der Gospelchor «Feel the Spirit» seien «Ausdruck von «Gemeinschaft, Beteiligung und Freude».
Luzern zum zweiten Mal dabei
Die «Lange Nacht der Kirchen», eine grosse Erlebnisnacht, findet am Freitag, 23. Mai statt. «Kirchen sind anders, als viele glauben: bunt, kreativ und originell», heisst es in der Ausschreibung. 19 Kantone aus der ganzen Schweiz machen mit – mit einer Ausnahme alle ökumenisch. 2023 waren es erst elf Kantone gewesen. Unter der Koordination der Kantonalkirchen haben die Kirchgemeinden und Pfarreien freie Hand, eigene Ideen umzusetzen.
Die «Lange Nacht» ist eine Idee, die 2005 in Österreich entstand. Von dort haben sie weitere europäische Länder übernommen. In der Schweiz war Aargau 2016 der erste Kanton. Luzern lud vor zwei Jahren zum ersten Mal zur «Langen Nacht» ein. Damals machten 100 Kirchgemeinden und Pfarreien mit, dieses Jahr sind es gut 70.