Doppleschwands fröhliches Doppel
Was tun, wenn sich niemand findet für ein Amt im Kirchenrat? Doppleschwand wählte letztes Jahr eine neue Kirchmeierin, die dannzumal «von Buchhaltung keine Ahnung» hatte. Dass es die Pflegefachfrau inzwischen gut mit den Zahlen kann, liegt auch an ihrer Vorgängerin.
«Ein bisschen Mut braucht es schon»: Rita Bühler (rechts) führte Brigitta Felder, ihre Nachfolgerin als Kirchmeierin, während eines halben Jahres ins Amt ein. Bild: Dominik Thali
Mit vereinten Kräften hatte Brigitta Felder (38) ihr erstes Budget hingekriegt. Jetzt steckt sie im ersten Jahresabschluss. Und lacht, wenn sie an ihre ersten Monate als Kirchmeierin zurückdenkt. Soll und Haben? Kreditoren? Transitorisch buchen? «Zwischendurch schaute ich Rita nur noch ghüselet an. Was ist denn das jetzt schon wieder?» Sie habe vor ihrer Wahl «keine Ahnung von Buchhaltung» gehabt, sagt Felder.
Mit Rita meint sie Rita Bühler (53), die während 20 Jahren Kirchmeierin von Doppleschwand war und ihr Amt vergangenen Sommer abgeben wollte. Eigentlich. Denn es mochte niemand einsteigen, «obwohl wir eine Menge Leute anfragten», sagt Bühler. Bei einer Kirchgemeinde mit bloss 700 Katholik*innen ist die Zahl jener, die gerne rechnen und zugleich bereit sein könnten, Verantwortung zu übernehmen, auch nicht eben gross. Bühler machte also weiter, weil sie es nicht auf eine Urnenwahl ankommen lassen wollte – mit einer womöglich ins Amt gezwungenen Nachfolge.
Interesse vor Perfektion
Wie ihr erging es im Wahljahr 2022 einem halben Dutzend anderer Kirchenrätinnen und -räte im Kanton. Doppleschwand kriegte die Kurve freilich dann doch noch. Rita Bühler war bereits still gewählt, als mit Brigitta Felder unversehens eine mögliche neue Kirchmeierin auftauchte. Niemand hatte sie auf dem Schirm gehabt, weil Felder als Pflegefachfrau bei der Spitex arbeitete und man annahm, sie habe keine Zeit. Doch dann kündigte sie ihre Stelle, wurde angefragt – und war interessiert. «Ich musste aber zuerst Kirchgemeindepräsident Armin Duss fragen, was der Kirchmeier überhaupt macht», sagt Felder. Sie habe am Ende zugesagt, weil Duss erklärt habe, Interesse sei wichtiger als Perfektion, und ihr Bühler zusicherte, sie in den ersten Monaten zu begleiten. Die stille Wahl Anfang Juli war dann eine Formsache. Die neue Kirchmeierin arbeitet jetzt im Pfarreisekretariat, wo es einen neuen Computer gibt, und mit dem Laptop zu Hause. Das Pensum wurde auf 20 Prozent festgelegt. Das alles sei erst noch besser vereinbar mit der Familie als ihr früherer Beruf. Felder hat zwei Kinder, anderthalb und neun Jahre alt.
Rita Bühler führte ihre Nachfolgerin Schritt für Schritt ein, anfänglich jeden Dienstag, später noch halbtage- und stundenweise. «Die ersten zwei Monate waren intensiv», sagt Felder. «Wir sassen Stunden zusammen. Im Kirchenrat hiess es eins ums andere Mal, wenn ich fragte: Ja, Rita hat das amigs eifach gmacht.»
«Keine Notlösung»
Die Angesprochene schmunzelt. Und rühmt ihre Nachfolgerin, welche «überhaupt keine Notlösung» sei. Und: Es bitzli Muet habe es damals auch bei ihr gebraucht. Bühler schrieb Monat für Monat ein Programm, was zu erledigen und – vor allem – zu lernen sei. Das Kirchenjahr liess den beiden keine andere Wahl, im September musste der erste Budgetentwurf in den Kirchenrat, der Kontenplan verinnerlicht sein. «Ich wusste aber, Rita schaut noch», sagt Brigitta Felder. «Das hat mich beruhigt. Ich hätte sonst kaum schlafen können.»
Als die Botschaft für die Kirchgemeindeversammlung von Mitte November gedruckt war, atmete sie erst einmal auf. Und gönnte sich ein paar Tage Italien mit der Familie. Heute sagt Brigitta Felder, das Kirchmeieramt sei für sie «eine Riesenchance, nach 20 Jahren in der Pflege etwas Neues kennenzulernen». Sie habe seit dem Amtsantritt «extrem viel gelernt».