«Eigentlich wäre die Kirche cool»
Alisha Amhof hat ministriert, begab sich mit Überzeugung auf den Firmweg – und bleibt der Kirche nun gleichwohl fern. Weshalb das viele tun, hat sie in ihrer Maturaarbeit an der Kantonsschule Seetal untersucht.
Sport kommt bei ihr derzeit vor Kirche: Alisha Amhof in der Garderobe der Kantonsschule Seetal in Baldegg. Bild: Dominik Thali
Anderes ist mir wichtiger: Das war die häufigste Antwort, die die Personen gaben, die Amhof nach ihrem Grund für den Kirchenaustritt fragte. «Die Kirche steht nicht mehr im Vordergrund», fasst sie in ihrer Arbeit die Aussagen zusammen. Die 18-Jährige aus Hitzkirch hat in ihrer Maturaarbeit «Die Veränderung der Religionslandschaft im Luzerner Seetal» untersucht.
Alle wollen dazugehören
Glaube und Religion sind für Amhof wichtig, die Kirche steht aber auch für sie nicht mehr im Vordergrund. Sie trainiert dreimal die Woche Leichtathletik auf Spitzensport-Niveau und ist Blauring-Leiterin. Dabei findet die junge Frau Kirche «eigentlich cool». Ihre Angebote brächten Menschen zusammen. «Und eigentlich wollen doch alle irgendwo dazugehören», sagt sie. Aus diesem Grund entschied sich Amhof im Herbst 2022 auch für die Firmung. Amhof wollte wissen, was es mit «diesem Gott» auf sich hat, sie erzählt von den Firmbegleitenden, dass sie Freundinnen und Freunde wieder getroffen und «coole Erfahrungen» gemacht habe bis zur Firmung im Juni vergangenen Jahres.
Konkurrenz auf dem Markt
Der Firmweg brachte Amhof darauf, sich in der Maturaarbeit vertieft mit Religion und Kirche auseinanderzusetzen. Sie befragte dazu nicht nur Ausgetretene, sondern führte lange Gespräche mit sieben Personen, die in der Kirche arbeiten oder in einem Orden leben – der katholischen, reformierten und in einer Freikirche. Die Erkenntnisse daraus sind nicht überraschend, sie würden anderswo ähnlich lauten, und nicht nur die Kirche verliert gesellschaftlich an Bedeutung. Das «Angebot an Aktivitäten auf dem Markt» habe zugenommen, schreibt Amhof, die Menschen orientierten sich «immer mehr anders». Es gebe «neue spirituelle Möglichkeiten», der Missbrauch spiele eine Rolle und die «Ablehnungen von menschlichen Gruppen» sind die angeführten Gründe, auszutreten.
Sie selbst zieht diesen Schritt nicht in Betracht, versteht aber nicht, weshalb die Kirche nicht «Dinge anpasst» wie die Gleichberechtigung oder Sexualmoral, «wenn man schon sieht, dass es bröckelt». Amhof verweist auf die immer noch hohe Zahl junger Menschen, die sich firmen lassen, und weiss aus ihren Gesprächen, «dass der Glaube bei den meisten Menschen trotz Austritt eine Rolle spielt». Sonntagsgottesdienste gemäss Messbuch seien in ihrem Freundeskreis aber «definitiv vorbei». Angesprochen fühlt sie sich eher von Feiern, wie sie der Blauring gelegentlich mitgestaltet. Wenn es um «etwas aus dem Leben» gehe.
Trübsal und Hoffnung
Was sollen die katholische und die reformierte Kirche also tun? Auf diese Frage habe sie auch von ihren Gegenübern keine Antwort erhalten, sagt Alisha Amhof. Sie selbst schwankt zwischen Resignation und Zuversicht. Die Landeskirchen schauten «eher einer trüberen Zukunft entgegen», heisst es an einer Stelle ihrer Maturaarbeit. Im letzten Satz dann aber: «Es kann nur gehofft werden, dass die Kirche nicht im Museum landet, sondern es schafft, sich zurück in die Welt der heutigen Generationen zu kämpfen.»