«Ein Auftrag, Macht zu teilen»
Anfang Februar fand in Frankfurt die 3. Vollversammlung des deutschen Reformprozesses «Synodaler Weg» statt. Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz, war als Beobachter aus der Schweiz dabei.
Rund 215 Katholik*innen debattierten in Frankfurt am Main. Bild: Maximilian von Lachner/Synodaler Weg
Was war für Sie in Frankfurt der wichtigste Moment?
Daniel Kosch: Dass der Text über «Macht und Gewaltenteilung in der Kirche» angenommen wurde. Das ist ein definitives Ergebnis des Synodalen Wegs und ein Auftrag, Macht anders zu kontrollieren und in synodalen Strukturen zu teilen. Mehr als 80 Prozent der Synodalen und mehr als zwei Drittel der Bischöfe haben sich mit ihrer Ja-Stimme für strukturelle Reformen stark gemacht.
Was ist mit der Frauenfrage?
Hier ist noch nichts entschieden. Der Synodale Weg strebt die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern an. Ob alles, was jetzt für die zweite Lesung vorbereitet werden kann, am Ende die nötigen Mehrheiten findet, ist offen. Die Ausgangslage mit drei unterschiedlichen Dokumenten gibt einen gewissen Spielraum für differenzierte Lösungen, sodass am Ende nicht bloss «alles oder nichts» möglich ist.
Welche Impulse aus Frankfurt liessen sich in der Schweiz umsetzen?
Ich denke an den Handlungstext zu Segensfeiern für Paare, die sich lieben. Diese Segensfeiern betreffen übrigens nicht nur Homosexuelle, sondern alle Menschen, die nicht vor den Traualtar treten dürfen oder wollen. Wir könnten auch in der Schweiz offizielle liturgische Formen hierzu erarbeiten. Auch bei der Frage nach der Beauftragung oder nach dem Entzug der «Missio» für Seelsorgende, die sich zu einer kirchenrechtlich «irregulären» Lebensform bekennen, haben wir einen mit Deutschland teilweise vergleichbaren Handlungsbedarf.
Gibt es weitere Beispiele?
Als Konkretisierung des Themas «Macht und Gewaltenteilung» wurde ein Text zur Mitwirkung des Volkes Gottes bei den Bischofswahlen verabschiedet. Er ist so verfasst, dass Veränderungen möglich sind, ohne das Konkordat oder das Kirchenrecht ändern zu müssen, damit die Umsetzung vor Ort direkt angegangen werden kann. Das Thema könnten wir auch in der Schweiz wieder anpacken. Die Synode 72 hatte sich dafür ausgesprochen und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz liess dazu schon während der Krise im Bistum Chur unter Wolfgang Haas einen Expert*innenbericht erstellen. Darauf könnten wir zurückgreifen.
Reformfreudige Kirche
Die Synodalversammlung in Frankfurt debattierte über eine moderne Sexualmoral, eine Neubewertung von Homosexualität, die Öffnung des Weiheamts für Frauen und die Lockerung des Pflichtzölibats. Die Texte wurden per Abstimmung zur weiteren Bearbeitung angenommen. Definitiv verabschiedet wurde ein Text zum Umgang mit Macht. Zur Vollversammlung gehören alle 69 Bischöfe, 69 Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholik*innen (also Nichtkleriker*innen) und 92 weitere Vertreter*innen. Für die Beschlüsse ist eine Zweidrittelsmehrheit der Bischöfe nötig. Sie sind für die Weltkirche nicht verbindlich, können aber eine Signalfunktion für andere lehramtliche Instanzen haben. Die vierte Vollversammlung ist im September. sys
synodalerweg.de