Männer und Väter mehr ansprechen
An der Basis tragen Frauen das kirchliche Leben. Und Väter kümmern sich wenig um die Einführung der Kinder in Glaube und Religion. Männer werden im Pfarreialltag aber auch kaum bewusst angesprochen.
Von Männern für Männer: an einem der Männertage, die regelmässig im Tessiner Weiler Terra Vecchia im Centovalli stattfinden. Bild: Ritiro Terra Vecchia
Der Vätertag am 2. Juni könne eine Gelegenheit dazu sein, sagt Matthias Koller Filliger. Väter könnten zum Beispiel im Gottesdienst von ihren Erfahrungen berichten. Die Berichte von Söhnen und Töchtern auf der Website vaetergeschichten.ch gäben Anstösse. «Oder warum nicht die Kinder im Religionsunterricht einladen, ihrem Vater einen Brief zu schreiben?»
Männer nicht allein lassen
Koller Filliger (57) ist selbst Vater, Theologe und Mitarbeiter der Fachstelle Partnerschaft-Ehe-Familie des Bistums St. Gallen. Aus seinem beruflichen Alltag und der Mitarbeit in der Fachgruppe «Männerarbeit im kirchlichen Kontext» des Verbands männer.ch weiss er, dass Männer oft eine andere Spiritualität pflegen als Frauen. Es sei wichtig, in der Pfarreiarbeit dafür ein Bewusstsein aufzubauen und Gefässe zu schaffen, die gezielt Männer und Väter ansprächen. «Wenn sie wissen, dass sie als Teilnehmer nicht allein unter Frauen und Müttern sind, lassen sie sich auch dafür gewinnen», sagt Koller Filliger.
Kümmern ist Frauensache
Dass an der Basis weitgehend Frauen das kirchliche Leben tragen und engagierte Männer eine Minderheit sind, habe sich die Kirche – und mit ihr die Gesellschaft – selbst zuzuschreiben. «Wir haben die Erziehung, auch die religiöse, stets gern den Frauen überlassen. Sie kümmern sich um die ‹inneren Bereiche›.» Dies sei nicht immer so gewesen. Heute jedoch gehe dieses Kümmern vielen Männern und Vätern verloren, und Kinder, gerade Jungen, lernten, dass das offensichtlich nichts für Männer sei. «Was natürlich nicht stimmt», sagt Koller Filliger. Er nennt Beispiele aus der Bibel, die für ein anderes Vaterbild stünden: die Versöhnung in der Geschichte vom verlorenen Sohn, die Sorge von Josef um Maria und Jesus oder das zärtliche Gottesbild von Abba – Väterchen –, das Jesus eingeführt habe. Selbst mit problematischen Vater-Söhne-Beziehungen wie in der Geschichte von Isaak lasse sich «fruchtbar arbeiten».
In die Verantwortung nehmen
Matthias Koller Filliger wünscht sich in der Kirche verantwortliche Personen, die bewusst Männer und Väter ansprechen. «Und die ihnen Verantwortung übergeben im kirchlichen Leben, auch in der Einführung der Kinder in Glaube und Religion.» Es sei eine Aufgabe der Kirche, Männer zu vernetzen und sie auf dem Weg zu einer Spiritualität, die im Leben trägt, zu begleiten.
Ein Sonntag für die Väter
Den Vätertag am ersten Sonntag im Juni gibt es seit über zehn Jahren. Dazu ruft jeweils männer.ch auf, der Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisa-tionen. Der Tag solle zur «Auseinandersetzung mit zeitgemässen Rollenmodellen sowie zukunftsweisender Väterlichkeit» anregen, schreibt der Verband auf seiner Website. Unter anderem geht es um die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienarbeit.