Mit Zucchetti Menschen vernetzen

Ein Garten von allen für alle. Das ist die Idee des Naschgartens in Dagmersellen. Von der AG Klimajugend entwickelt, ist er heute ein Mehr­generationenprojekt.

 

Von Sylvia Stam |  25.08.2023

Andrin Anliker (l.) und Daniel Ammann begutachten die Tomaten. Bild: Sylvia Stam

An diesem Sonntag gibt es im Gottesdienst unübliche Mitteilungen: «Die Zucchetti sind reif und können geerntet werden», verkündet Daniel Amman vom Ambo. Der Pfarreiseelsorger in Dagmersellen spricht vom Gemüse im Naschgarten bei der «Kessi-Schür». Die zweite Erntesaison steht unmittelbar bevor.

Ernten dürften alle, erklären Ammann und Andrin Anliker (16), der zur Koordinationsgruppe des Naschgartens gehört, im Gespräch. Tatsächlich strotzt der Garten derzeit: Es gibt Melonen und Buschbohnen, die Nektarinen an der Scheunenfassade sind demnächst reif, die noch grünen Tomaten hängen in vollen Trauben an den Stöcken. Broccoli, Gurken und Erdbeeren wurden bereits geerntet. Auch die Kartoffeln sind bald so weit. «Wir laden die Jubla-Kinder, die im Garten geholfen haben, zur Ernte ein. Sie bekommen je ein Säckli mit Kartoffeln», erzählt Andrin Anliker.

Immer wieder Neue

Nicht nur bei der Ernte, auch beim Gärtnern können alle mitmachen, die sich dafür interessieren. «Wir sind in einer Whatsapp-Gruppe organisiert», so der Automatikerlehrling. Bislang gehörten rund 14 Personen dazu. Fürs tägliche Giessen gebe es einen Plan. «Wenn man jäten, ernten oder kurzfristig tränken muss, wird auf Whatsapp dazu aufgerufen. Grössere Aktionen wie das Anpflanzen von Setzlingen werden zudem im Pfarreiblatt und auf Instagram beworben.»

«Es ist toll, dass immer wieder neue Leute mitmachen», sagt Daniel Ammann, der als einziger Hauptamtlicher beim Naschgarten mitmacht.

Er erzählt von Jubla-Leiter:innen, die nach der Gruppenstunde mit ihren Kindern im Garten mitarbeiten. Die Kinder wiederum brächten später ihre Eltern mit. Im Frühling hat eine Schulklasse Erdbeeren gesetzt, anlässlich des Lehrstellenparcours haben Gärtnerlehrlinge eine Ecke des Gartens mit Kräutern und Blumen gestaltet.

Vernetzung ist denn auch ein wesentlicher Teil der Naschgarten-Idee. Da­rin sieht Ammann seine zentrale Aufgabe: Von den reifen Zucchetti hat er einige in die Alterswohnungen gebracht, er knüpft Kontakte zu Schule und Gemeinde und verteilt an der Chilbi schon mal reife Nektarinen.

Viel Gartenwissen vorhanden

Woher aber kommt das Know-how für Obst, Gemüse und Kräuter? In der Koordinationsgruppe sowie in deren Umfeld sei viel Gartenwissen vorhanden, sagt Anliker. Daniel Ammann erzählt von einem über 80-jährigen Mann, der ihm Anweisungen gegeben habe, wie er den Nektarinenbaum schneiden müsse.

Biodiversität fördern

«Es braucht fünf Leute, die mit Liebe und Begeisterung dabei sind», sagt Ammann. Ihn motiviert, «dass wir selber einen Beitrag leisten können, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen». Dass Biodiversität nicht bloss ein Schlagwort ist, zeigen die blühenden Fenchel, um die sich Schmetterlinge tummeln, und ein Steinhaufen für die Eidechsen.

Der Naschgarten ist ein Projekt der Arbeitsgruppe Klima in Dagmersellen, die ihrerseits aus Veranstaltungen des Pastoralraums hervorgegangen ist. «Wenn man Land, Wasser und Strom hat, genügen rund 2000 Franken pro Jahr», sagt Andrin Anliker. Das Geld stammt aus Fonds und Stiftungen, alles andere ist Freiwilligenarbeit. Darüber hinaus erfahre das Projekt in der Region «sehr viel Goodwill», sagt Anliker lachend.