Mit zwei Klicks im Bilderhimmel
Den Bilderhimmel von Hergiswald per QR-Code aufs Handy holen, mit zwei Klicks dazu das Zmittag buchen. Solches schwebt dem Verein «Sakrallandschaft Innerschweiz» vor. Mit digitalen Angeboten will er neue Zielgruppen erreichen.
Man müsste die Bilder an der Kirchendecke von Hergiswald mit wenigen Klicks auf dem Handy an-schauen können, findet Rolf Maegli, Präsident der «Sakrallandschaft Innerschweiz». Bild: Sakralland-schaft Innerschweiz
«Wer immer die Kirche von Hergiswald betritt, ist überwältigt von dieser barocken Pracht. Was sieht man da? Die Bilder und Statuen müsste man per QR-Code aufs Handy laden können, sodass man sie im Detail anschauen kannt», sagt Rolf Maegli (67), seit vier Jahren Präsident des Vereins «Sakrallandschaft Innerschweiz». Alles sei wunderbar vorhanden, «aber man könnte neue Formate finden, wie man es den Leuten vermittelt.» Denn nicht alle gingen in eine Bibliothek, um sich einen Kunstführer auszuleihen.
Hohe Dichte an Sakralbauten
Die «Sakrallandschaft Innerschweiz» wurde 2014 gegründet mit dem Ziel, «die Wertschöpfung der Klöster und Wallfahrtsorte zu steigern» und damit für die Zukunft zu sichern, heisst es in den Statuten. Dies geschieht einerseits, indem die zahlreichen sakralen Kulturgüter auf einer Website sichtbar gemacht werden. Hier finden sich Informationen zu bekannten Wallfahrtsorten wie das Kloster Einsiedeln oder die Wirkungsstätten von Bruder Klaus und Dorothea Wyss in Flüeli Ranft, zu lokalen Pilgerorten wie das Badbrünnli von Luthern Bad oder das ehemalige Kloster Werthenstein. Aber auch zahlreiche kleine Kapellen, nicht selten in Privatbesitz, sind Teil dieser Sakrallandschaft.
Es geht um unsere nationale Geschichte, Identität und Kultur. Rolf Maegli
«Nirgends gibt es auf so kleinem Raum eine so hohe Dichte an sakralen Gütern, von den grossen Klöstern und Kirchen bis hin zu den kleinen Kapellen und Wegkreuzen», sagt Maegli. «Das ist einerseits barockes Kulturerbe und Zeugnis der Glaubenskämpfe aber auch der einfachen Volkskultur und Religiosität.
Um diese Kunstschätze den Interessierten nahezubringen, organisiert der Verein jährlich Thementage. 2018 gab es einen «Tag der liturgischen Schätze» mit Führungen im Chorherrenstift Beromünster oder im ehemaligen Kloster St. Urban. Anlässlich des «Tags der Kirchtürme» konnte 2019 in Malters der höchste katholische Kirchturm besichtigt werden.
«Himmlische Pfade»
Ein umfassendes Bild der Zentralschweizer Sakrallandschaft gibt die Wanderroute «Himmlischen Pfade» . Sie führt in 16 Tagesetappen von St. Urban über Flüeli Ranft, Ingenbohl, Einsiedeln und Beromünster zurück an den Ausgangspunkt.
Bijou am Seetaler Kapellenweg: Die Jakobskapelle in Ermensee. Bild: Sylvia Stam
Seit kurzem ist auch der Seetaler Kapellenweg im Pastoralraum Hitzkirch auf der Website aufgeführt. Die 19 km lange Strecke führt vom Kloster Baldegg durch Raps- und Dinkelfelder zur Marienkapelle Ibenmoos, vorbei an der St. Wendelinskapelle Lieli zum Schloss Heidegg und in einem grossen Bogen um Hitzkirch bis nach Gelfingen. Unterwegs lässt sich nicht nur in den Kapellen, sondern bei manchem Wegkreuz oder an Rosenkranzstelen innehalten. Ein besonderes Bijou ist die Jakobskapelle in Ermensee mit ihren Wandmalereien aus der Renaissance.
«‹Was sehe ich auf diesen Bildern?›, fragt sich eine Wandererin, die die Kapelle betritt. Die möchte das Handy hinhalten und auf eine Website kommen, die ihr im Audio-Format die Geschichten der dargestellten Heiligen erzählt », stellt sich Maegli vor.
Universelle Themen
Der Verein, der aktuell lediglich über eine bescheiden dotierte Geschäftsstelle und viele Ehrenamtliche bei den Mitgliedern verfügt, hat nun einen Antrag für ein Projekt der Neuen Regionalpolitik (NRP) gestellt. Damit sollen vor allem ländliche Regionen attraktiv gestaltet und nachhaltig weiterentwickelt werden, heisst es auf der zugehörigen Website. Der Antrag liegt derzeit bei den NRP-Verantwortlichen der Zentralschweizer Kantone.
«Neu möchten wir auch kirchenferne, Personen ansprechen, die sich für das sakrale Kulturgut interessieren, jedoch nicht spezifisch mit dem Thema Kirche beschäftigen», sagt Maegli und denkt dabei etwa an Familien mit Kindern, aber auch an ein junges Publikum aus der Stadt, Ruhesuchende, Kultur-, Geschichts- oder Architekturinteressierte. Zwar sei das sakrale Kulturerbe der Zentralschweiz aus historischen Gründen christlich geprägt, doch die Themen sind universell und sprechen alle an: Leben und Tod, Freud und Leid, Gewalt und Versöhnung, Verzweiflung und Hoffnung etc.
Interaktive Mitwirkung
Klassische Vermittlungsformate wie Führungen oder Prospekte sollen daher durch Formen «mit interaktiver Mitwirkung» ergänzt werden, heisst es im Projektantrag, der dem Pfarreiblatt vorliegt. Wer den «Himmlischen Pfaden» entlang wandern möchte, sollte mit wenigen Klicks auch das Mittagessen buchen können. Denkbar seien aber auch «Virtual Reality»- Formate, in denen etwa die Heilige eines Ortes als Gegenwartsfigur dargestellt und ihre Geschichte im heutigen Kontext erzählt wird. Um solches zu realisieren, muss das Projekt «professionalisiert und auf eine finanziell stabile Grundlage gestellt werden. Ehrenamtlich reicht nicht mehr», ist Maegli überzeugt. Auch müsste die Finanzierung über das NRP-Projekt hinaus gesichert sein. Hier denkt er auch an die Landeskirchen, Kantone und Tourismusorganisationen: «Es geht nebst Tourismus, vornehmlich um unsere nationale Geschichte, Identität und Kultur».
Ob das Projekt die nötige Unterstützung erhält, ist derzeit noch offen. Maegli ist zuversichtlich: «Menschen sind Suchende. Man kann so viele Geschichten vermitteln für jene, die entdecken und staunen möchten. Das lohnt sich!»
Rolf Maegli (67), ist Präsident der Sakrallandschaft Innerschweiz. Vor seiner Pensionierung war er unter anderem als Direktor der SSBL-Stiftung tätig. Er wohnt in Luzern.