«Motiviert und hoffnungsvoll»

Im September haben 88 Menschen aus dem Bistum Basel darüber debattiert, wie das Bistum in die Zukunft geführt werden soll. Zwei von ihnen erzählen aus der Versammlung, worüber in ihren Workshops gesprochen wurde.

 

Von Sylvia Stam |  12.10.2023

Die 88 Teilnehmer:innen der synodalen Versammlung in Bern diskutierten in wechselnden Gruppen. Weil unterschiedlichste Positionen aufeinandertrafen, rangen sie bisweilen um Worte und Formulierungen. Bild: José R. Martinez/Bistum Basel

Wie haben Sie die synodale Versammlung erlebt?

Adrian Berlinger: Die verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Lebenssituationen waren spannend. Mir wurde bewusst, dass das Bistum aus zehn Kantonen besteht, die sehr unterschiedlich aufgestellt sind, auch finanziell. Die Teilnehmer:innen waren extrem motiviert und hoffnungsvoll. Ich hoffe, die Erwartungen werden dann nicht enttäuscht. Von Bischof Felix Gmür hatte ich den Eindruck, dass er wirklich interessiert ist, er unterstützt und motiviert uns und will das, was wir erarbeiten, auch mit nach Rom nehmen.

Simeon Asal: Ich kann das nur be­stätigen. Man kam mit ganz verschiedenen Leuten ins Gespräch, die auch Unterschiedliches mit der katholischen Kirche verbinden. Was alle eint, ist der Wille, diese Kirche in eine gute Zukunft zu führen.

Sie diskutieren in Gruppen zu einzelnen «Pastoralen Wegweisern». In welchen Gruppen waren Sie?

Asal: Ich war in der Gruppe zum Thema Finanzen. Die finanzielle Lage in den Kirchgemeinden ist im Moment noch gut, in gewissen Regionen wird jedoch der Mitgliederschwund spürbar. Es wurde diskutiert, wie es weitergehen könnte, wenn dereinst weniger Geld zur Verfügung steht. Auch die Schwierigkeit, Personal zu rekrutieren, war Thema. Bevor das Geld ausgeht, um das Personal zu bezahlen, geht das Personal aus. Das kann dazu führen, dass finanzstärkere Kirchgemeinden das beste Personal durch finanzielle Anreize anwerben können, auf Kosten der finanzschwachen.


An der synodalen Versammlung in Bern wurde bisweilen um Formulierungen gerungen. | Bild: José R. Martinez/Bistum Basel

Berlinger: Die zehn Kantonalkirchen des Bistums haben unterschiedliche rechtliche Grundlagen. Darum ist es sehr schwierig, einen Finanzausgleich zu realisieren. Auf staatlicher Ebene gibt es diesen Finanzausgleich unter den Kantonen. Hier fragt sich: Kann man diese Gesetze ändern? Will man sie ändern? Wie schnell ist das möglich? Reicht die Zeit dazu? Die finanzstarken Kantonalkirchen im Bistum müssten hier Solidarität zeigen gegenüber den finanzschwächeren.

Die «Pastoralen Wegweiser» wurden nun dem Bischof übergeben. Wie geht es in der Frage der Finanzen weiter?

Berlinger: Es gibt auf Bistumsebene ein Gremium, in dem Vertreter:innen aller Landeskirchen sind, um solche Veränderungen anzugehen. Der Bischof ist bestimmt daran interessiert, dass die reichen Kantonalkirchen die guten Leute nicht einfach abwerben.

Waren Sie in weiteren Gruppen?

Berlinger: Beim Thema «Strukturen und Netzwerke» brachte ich die Frage ein: Was ist meine Heimat? Die Kirchgemeinde, die Pfarrei, der Pastoralraum sind vielleicht eines Tages nicht mehr so wichtig. Zukünftig gehen Gläubige vielleicht dorthin, wo sie sich wohlfühlen, je nach Mobilität. Weiter ging es um die Frage, wie man mit digitalen Möglichkeiten neue Netzwerke schaffen kann, in denen ein pastoraler Austausch möglich ist.

Asal: Für mich war das Thema «Relevanz der Kirche in der Gesellschaft» wichtig. In meinem Umfeld nimmt die Relevanz der Kirche stark ab. Noch hat sie einen gewissen Einfluss, den man nicht kleiner reden sollte, als er ist. Vielmehr sollte die Kirche klar Position beziehen, nur dann wird sie auch gehört. Weiter war Thema, dass die Kirche nicht warten darf, bis die Menschen wieder sonntags um 11 Uhr in den Gottesdienst kommen. Sie sollte vielmehr zu den Menschen hinausgehen.

Was heisst das konkret?

Asal: Viele Jugendverbände waren einst kirchennah und haben sich heute ein Stück weit von der Kirche entfremdet. Hier müssten die für die Jugendpastoral zuständigen Angestellten der Pfarreien, Pastoralräume und Landeskirchen den persönlichen Kontakt suchen. Gemäss meiner Erfahrung wurde das vernachlässigt. Mir scheint es jedoch enorm wichtig, dass Ressourcen in die Jugendpastoral gesteckt werden.

------------------------------------

Bischof will «mit Tempo und Liebe verändern»

Der synodale Prozess, der im Herbst 2021 mit der Umfrage «Wir sind ganz Ohr» gestartet war, geht auf verschiedenen Ebenen weiter. In Rom findet im Oktober die Bischofssynode in Rom statt. Hier werden Themen diskutiert, welche die katholische Kirche weltweit betreffen. Daneben setzt sich auch das Bistum Basel mit den Resultaten der Umfrage auseinander und versucht umzusetzen, was sich innerhalb des Bistums verändern lässt. Darum ging es an der synodalen Versammlung, die vom 7. bis 9. September in Bern stattfand. Eingeladen waren insgesamt 100 Personen, 90 davon als Vertreter:innen verschiedener kirchlicher Organe und Organisationen, 10 Plätze werden per Los an Katholik:innen vergeben, die nicht in der Kirche angestellt sind.

In verschiedenen Gruppen diskutierten die 88 Anwesenden über acht «Pastorale Wegweiser», so etwa die Relevanz der Kirche in der Gesellschaft, Finanzen, Freiwilligenengagement oder Strukturen und Netzwerk. Das zweite Hauptthema in Bern waren «Synodale Strukturen». Hier wurden sechs Bausteine mit insgesamt 16 Massnahmen von einer Arbeitsgruppe vorgestellt. Darunter hochemotionale Themen wie die Fusion von Kirchgemeinden, aber auch die Priorität der Taufe vor der Ordination, die Stärkung der Partizipation auf der pastoralen Seite, die Reduktion der Anzahl Gremien, die Gewaltenteilung in der Kirchenleitung und die Verbesserung des Zusammenwirkens im dualen System. Die Resultate gehen nun zurück ans Bistum, wo die Zuständigeiten geklärt werden, ehe die Umsetzung beginnt. «Wir glauben, dass der Heilige Geist unter uns aktiv ist und bleibt und wir tun das Unsere, mit Tempo und Liebe», versprach Bischof Gmür in Bern.

Simeon Asal (22, Kanton Luzern) vertrat an der synodalen Versammlung des Bistums Basel den Verband Katholischer Pfadis. | Bild: zVg

Adrian Berlinger, (53, Kanton Bern) wurde per Los für die Versammlung ausgewählt. Er stammt aus der Pfarrei St. Josef in Köniz. | Bild: Pia Neuenschwander