Neuer Guardian im Kapuzinerkloster Wesemlin
George Francis Xavier steht seit Mitte November dem Kapuzinerkloster Wesemlin in Luzern vor. Der 45-jährige Priester kam 2010 aus Indien für ein Studium in die Schweiz. Und ist aus Überzeugung geblieben.
«Die ersten Jahre hier waren so schön, dass ich manchmal vergass, dass ich aus Indien bin», erzählt George Francis Xavier. Bild: Sylvia Stam
«Joghurtbecher zu waschen habe ich hier gelernt», erzählt George Francis Xavier (45) und lacht. «Ich möchte, dass die Schweiz sauber bleibt.» Als der indische Kapuziner und Priester vor zwölf Jahren in die Schweiz kam, war er überwältigt: «Ich kam in dieses Land, das bei uns in Bollywood-Filmen viel gezeigt wurde, das war wie ein Paradies!» Sein Plan war, hier ein Studium zu absolvieren und dann zurückzukehren. Doch es kam anders.
«Die ersten fünf Jahre hier waren so schön, dass ich manchmal vergass, dass ich aus Indien bin. Erst wenn ich in den Spiegel schaute, wurde es mir wieder bewusst», scherzt er. Es gab feines Essen, die Mitbrüder hätten sich immer Zeit für ihn genommen, etwa um sein Deutsch zu korrigieren, das er bereits auf dem hohen Niveau C1 sprach. Mit Theolog*innen aus Luzerner Pfarreien habe er gut zusammengearbeitet. «Ihr ehrliches Feedback zu meinen Gottesdiensten war sehr hilfreich», sagt er rückblickend.
Priester aus dem Ausland
Obschon er der erste ausländische Mitbruder im Wesemlin war, hat er weder im Kloster noch ausserhalb Rassismus erlebt. Anders in seiner Heimat: «Ich stamme aus Kerala in Südindien. Vor meiner Ausreise war ich als Missionar in Nordindien tätig.» Menschen aus Südindien seien dort nicht immer gern gesehen.
«Es braucht ein Zugehörigkeitsgefühl zur Schweiz.»Bruder George Francis Xavier
Dennoch sind auch in der Schweiz Priester, die für diese Tätigkeit aus dem Ausland geholt werden, nicht unumstritten. Bruder George ist sich der Brisanz dieses Themas sehr bewusst. Er hat an der Uni Luzern Kulturwissenschaften studiert und seine Masterarbeit zu diesem Thema verfasst.
Zugehörigkeitsgefühl nötig
«Die Arbeit war für mich ein Augenöffner», sagt der neue Guardian. Er lehnt es nicht grundsätzlich ab, Priester aus dem Ausland zu holen, «aber sie sollen sich nicht als Gäste fühlen, sondern Teil der Schweizer Familie werden.» Das bedeute auch, dass sie die lokale Kultur annehmen und sich hier inkardinieren, also Priester eines hiesigen Bistums werden. Er selbst gehört inzwischen zur Schweizer Kapuzinerprovinz.
«Es braucht ein Zugehörigkeitsgefühl zur Schweiz. Wenn ich kein Schweizerdeutsch verstehe, dann bin ich gezwungen, die liturgischen Texte einfach abzulesen. Ich kann dann nicht wirklich mit den Menschen in Beziehung treten. Bei mir löst das ein schlechtes Gewissen aus.»
Gemeinsam entscheiden
In den letzten Jahren hätten sie im Wesemlin verschiedene Formen von Klosterleben ausprobiert. «Als neuer Guardian möchte ich wieder etwas Ruhe in diesen Alltag bringen.» Unter anderem indem er Formen des brüderlichen Zusammenlebens ausbaut: Mehr gemeinsame Gottesdienste feiern und auch die «Schwestern und Brüder des klosternahen Wohnens» mehr einbeziehen. Entscheidungen möchte er jeweils zuerst in einem Dreierteam fällen und der Gemeinschaft dann zur Diskussion vorlegen. Seine Tätigkeiten als Priester in einer Luzerner Pfarrei und als Kaplan der englischsprachigen Community behält er bei. «Ich bin Priester und nicht nur Büromensch», sagt er lachend. Damit das möglich bleibt, hofft er, dass seine 13 Mitbrüder viel Eigenverantwortung übernehmen.