Vom eigenen Ja zu Gott und Kirche
Worum geht es bei der Firmung? Um ein Familienfest, um eine möglichst grosse Anzahl Firmand:innen oder um eine mündige Entscheidung? Die Diskussionen um eine Erhöhung des Firmalters von 12 auf 15 oder gar 17 werden mancherorts heiss geführt.
Chiara Mösch (17) hat sich auf die Firmung durch Abt Christian Meyer gefreut. Der Firmweg zur Vorbereitung war «sehr abwechslungsreich, es gab viel zu erleben». |Bild: Viktoria Meier
«Ich mache es wegen der Grossmutter.» Diesen Satz habe er bisweilen von Firmand:innen gehört, die am Ende der 6. Klasse gefirmt wurden, erzählt Johannes Pickhardt, im Pastoralraum Pfaffnerntal-Rottal-Wiggertal (PRW) zuständig für den Bereich Religionsunterricht. Beim Versuch, das Firmalter auf 16 anzuheben, sei der Widerstand so gross gewesen, dass Pfaffnau, St. Urban und Roggliswil bei 12 Jahren geblieben sind, während diesen Frühling in Reiden und Wikon erstmals mit 17 gefirmt wurde.
In den Diskussionen mit Verantwortlichen, aber auch an Infoanlässen zur Erhöhung des Firmalters wird rasch klar: Es geht um mehr als ein paar Jahre Altersunterschied.
Quantität, Zeit, Firmgotte
Aus Sicht der Kinder selber und ihrer Eltern ist oftmals nicht klar, weshalb die Firmung, die seit Generationen am Ende der 5. oder 6. Klasse gespendet wurde, nun plötzlich auf 15+ oder gar auf 17 Jahre erhöht werden soll. «Wir hatten das Gefühl, ihnen ein Familienfest wegzunehmen», schildert Jonas Hochstrasser, im PRW für den Bereich Jugendarbeit zuständig, seine Erfahrungen mit der «IG Firmung». Diese hatte sich zugunsten der Beibehaltung des Firmalters 12 gebildet. In einem Telefongespräch sei gar die «Sorge um das Seelenheil der Kinder» spürbar gewesen.
Es ist schon richtig, die Jugendlichen selber entscheiden zu lassen.Mutter einer Firmandin
Eines der Hauptargumente für Firmalter 12 sei die Anzahl der Firmand:innen, so Hochstrasser, der diesen Entscheid persönlich bedauert. «In der Primarschule erreicht man über den Religionsunterricht noch alle katholischen Kinder.» Auch Chiara Mösch, die diesen Frühling in Reiden mit 17 gefirmt wurde, meint, bei einer Firmung während der Schulzeit hätten wohl mehr mitgemacht, zumal die Zeit «jetzt im Berufsleben sehr knapp ist», sagt sie gegenüber dem Pfarreiblatt.
Weitere Argumente für das Firmalter 12 nennen die Fünftklässler:innen aus dem Pastoralraum (PR) Hürntal. Hier wurde im Mai an einer Pastoralraumversammlung über eine Erhöhung des Firmalters abgestimmt. An der Versammlung las PR-Leiter Andreas Graf aus einem an ihn gerichteten Brief der Fünftklässler:innen vor: «Vielleicht gehen ein paar von uns in die Kanti und wir wünschen uns, dass wir die Firmung zusammen in der Primarklasse machen können, weil wir uns sowieso bald voneinander trennen müssen.» Weiter führen sie die Bedeutung von Firmgotte und -götti ins Feld. Diese sollen sie «durch die schwierige Oberstufenzeit begleiten». Entgegen den Wünschen der Primarschüler:innen stimmten die Anwesenden im zweiten Wahlgang mit 53 zu 45 Stimmen einer Erhöhung des Firmalters auf 15+ zu.
Bistum empfiehlt 17+
Sie bestätigten damit den Trend, der in der Deutschschweiz «in den letzten 30 Jahren in Richtung Erhöhung» gehe, erklärt Andreas Wissmiller an einem Infoabend in Geiss. Er leitet den PR Region Willisau, wo das Firmalter ebenfalls von 12 auf 15+ erhöht wird. Der Kanton Luzern sei eher spät dran, so Wissmiller.
Tatsächlich empfiehlt das Bistum Basel seit 2021, sogar erst ab 17 Jahren zu firmen (17+). Bischof Felix Gmür argumentiert mit der zunehmenden Säkularisierung: Der Kontakt zur Kirche breche oftmals ab, «wenn junge Menschen selbständig werden». Diese mögliche Bruchstelle soll also mit der Erhöhung des Firmalters auf 17+ überbrückt werden.
Die Firmalter im Kanton Luzern ab dem Jahr 2025. | Grafik: lukath.ch
Eigenes Ja zu Gott
Bischof Gmür nennt allerdings noch ein gewichtigeres Argument: «Als Firmspender erlebe ich, wie ernsthaft sich junge Erwachsene mit dem Glauben auseinandersetzen und ihn als Quelle für ihren Alltag und ihr Leben entdecken.» Die Reflexionsfähigkeit, aber auch die Fähigkeit, selber zu entscheiden, führen denn auch alle an, die für ein Firmalter höher als 12 argumentieren. «Die Jugendlichen sollen ihre eigene Glaubenssprache finden», sagt Andreas Wissmiller vom PR Region Willisau. Andreas Graf erklärt vor der Abstimmung im PR Hürntal, worum es bei diesem Sakrament letztlich geht: «Einerseits um einen Zuspruch des Heiligen Geistes, damit wir unser Leben meistern. Andererseits geht es um die Entscheidung, zur Kirche und zu Gott gehören zu wollen. Gott sagt ja zu uns, an der Fimung bekräftigten die Firmand:innen ihr Ja zu Gott.»
Johannes Pickhardt, der diesen Frühling in Reiden und Wikon die ersten 17-jährigen Firmand:innen begleitete, bestätigt: «Sie sind reifer, man kann besser mit ihnen diskutieren.» Fabienne Affentrager, eine dieser Firmandinnen, pflichtet ihm bei: «Ich finde 17 ein gutes Alter, da man davor gar nicht so genau weiss, was Glauben ist.» Die Fünftklässler:innen seien noch etwas jung, um sich für oder gegen die Firmung zu entscheiden. «Das machen dann meistens die Eltern.»
«Ausserhalb der Schule erreicht man nie alle. Aber wir haben dafür Leute mit einem ernsthaften Interesse an Glauben und Spiritualität.» Michael Zingg, Leiter Jugendpastoral bei der Landeskirche Luzern
Michael Zingg, Leiter Jugendpastoral bei der Landeskirche Luzern, berät Pastoralräume bei Fragen zum Firmalter. Am Infoanlass in Geiss erzählt er von seinen Erfahrungen mit dem Firmweg, den er als Religionspädagoge in Kriens mitkonzipiert hat. Dieser findet punktuell und in Kleingruppen ausserhalb der Schule statt und bereitet die Jugendlichen auf die Firmung am Ende der Oberstufe vor. Gestaltet wird er von anderen, freiwilligen Jugendlichen, die ihrerseits durch Fachpersonen aus dem Pfarreiteam begleitet werden.
Verantwortung übergeben
«In Kleingruppen über den Glauben zu reden, fällt vielen leichter», so Zingg. Die jugendlichen Firmbegleiter:innen begegneten den Firmand:innen auf Augenhöhe und fühlten sich ihrerseits ernst genommen: «Wenn man den Firmbegleiter:innen Verantwortung übergibt, steigt die Chance, dass sich Firmand:innen nach der Firmung als Begleiter:innen engagieren.» Entsprechend betont er die Nachhaltigkeit einer solchen «Investition in die Jugend». Auf die Befürchtung, es könnten sich weniger Jugendliche firmen lassen, entgegnet er: «Ausserhalb der Schule erreicht man nie alle. Aber wir haben dafür Leute mit einem ernsthaften Interesse an Glauben und Spiritualität.»
Auf ein Übergangsritual am Ende der Primarschule muss deswegen nicht verzichtet werden: Das Team des PR Region Willisau will ein anderes Ritual kreieren, mit dem der Übergang in die Oberstufe gestaltet werden könne.
Skepsis gewichen
Die wenigen Fragen nach dem Anlass in Geiss zeigen, dass die Eltern vom Firmalter 15+ überzeugt werden konnten. «Ich war zuerst skeptisch», sagt eine Mutter. «Aber es ist schon richtig, die Jugendlichen selber entscheiden zu lassen. Bisher hat man es einfach gemacht, weil man katholisch ist.» Ob irgendwann im ganzen Kanton das Firmalter 17+ eingeführt wird, wie das Bistum empfiehlt, steht allerdings in den Sternen.