Wenn Dorothea Wyss alle aussticht

Beim Jassen Heilige aus der Schweiz kennenlernen: Das ist die Idee hinter dem Heiligenjass. Zwei Sets mit deutschen und französischen Karten zeigen 24 Heilige, ein Begleitbüchlein beschreibt deren Leben.

Von Sylvia Stam |  25.01.2024

Auf drei Karten pro Farbe sind bei diesem Jass Heilige abgebildet. Bei den Rosen ist Dorothea Wyss als Trumpf die stärkste Karte. Bild: Gregor Gander

Die Zürcher Stadtheiligen Felix und Regula sind König und Königin. Bruder Klaus ist ein Under – oder aber als Trumpf-Buur der stärkste von allen. Die heilige Idda aus dem Toggenburg ist Oberin (Schilten), ebenso die heilige Verena von Zurzach (Rosen).

Zwei Kartensets umfasst der Heiligenjass, der seit Dezember auf dem Markt ist: Eines mit deutschen und eines mit französischen Karten. Dabei sind auf drei Karten pro Farbe jeweils Heilige abgebildet, die hierzulande gelebt oder gewirkt haben. Als Vorbild für die Darstellung dienten Abbildungen oder Statuen. Ein Begleitbüchlein erzählt die dazugehörigen Lebensgeschichten.

Politische Statements

Die Idee stammt von Patrik Böhler, Mitarbeiter der Fachstelle Religionspädagogik in Bern. «Ich habe versucht, die Heiligen dem Stand zuzuweisen, wo ich sie passend finde», sagt Böhler im Interview mit dem «pfarrblatt» Bern. Mit der Wahl der Königs- und Königinnenkarten verbindet er ein bewusstes Statement: «Sie gehören Heiligen wie Felix und Regula und der adligen Wiborada, die im 10. Jahrhundert in St. Gallen gelebt hat.» Vor allem die wichtige Bedeutung der erwähnten Frauen möchte er dadurch hervorheben. Ähnliche Zeichen setzt Böhler mit der Wahl des dunkelhäutigen Mauritius von der thebäischen Legion zum Kreuzkönig und der Aufnahme von Dorothea Wyss unter die Heiligen. Die Frau von Niklaus von Flüe, im Spiel eine Underin, ist nicht offiziell heiliggesprochen.

Die Abbildungen von Heinz Fässler sind nahe an den Originalkarten gehalten. Zum Heiligenjass gibt es ausserdem eine Website. Hier sollen nebst den Legenden auch Unterrichtsmaterialien und Ausflugstipps aufgeschaltet werden: «Beim heiligen Beatus etwa der Hinweis zur Beatushöhle. Bei Felix und Regula der Tipp zum gleichnamigen Weg in Zürich», verrät Böhler im Interview.

Fleissige und hübsche Frauen

Hinter dem Projekt steht «eine kindliche Lust, ein solches Kartenspiel zu gestalten», so Böhler, aber auch «die Lust am freien Umgang mit Legenden und den Geschichten dahinter». Tatsächlich sind manche Legenden im Begleitbüchlein etwas gar frei erzählt, bisweilen verfallen sie in Klischees, wenn es etwa zu Dorothea von Flüe-Wyss heisst: «Ihr Vater ist Ratsherr und freier Bauer. Die Mutter ist fleissig. [...] Die junge Frau ist nicht nur kräftig, gross gewachsen und hübsch, sondern auch eine tüchtige Hausfrau.» Doch das dürfte passionierte Jasser:innen mit kirchlichem Flair beim Spielen wenig kümmern. Böhler freut sich, wenn manch eine:r beim Spielen nachfragt, wer denn die Person auf der Karte ist. Er wünscht sich, «dass die Leute erkennen, dass in einer Erzählung eine grosse Kraft stecken kann. Erzählungen entstehen, wenn Menschen zusammenkommen – und wo sie jassen.»

Unterstützt wurde das Projekt vom Bistum Basel, der katholischen Landeskirche Bern, dem katholischen Konfessionsteil des Kantons St. Gallen und anderen.

Der Heiligenjass kann für Fr. 19.– bestellt werden unter heiligenjass.ch.