Wie viel Theologie braucht es?
Welche kirchlichen Angebote brauchen die Menschen? Und ist dazu theologisch geschultes Personal nötig? Emmen-Rothenburg hat sich in dieser Frage beraten lassen.
«Es kommt gut», ist Pastoralraumleiter David Rüegsegger (links) überzeugt. Hier mit Simone Gretler Heusser von der Hochschule Luzern. | Bild: Sylvia Stam
Eine Seelsorgerin geht in Pension. Sie war bislang Ansprechperson für eine der Pfarreien des Pastoralraums. Wie soll und kann diese Stelle wieder besetzt werden, auch in Anbetracht des Mangels an theologisch geschultem Personal? Anhand dieser Ausgangslage in der Pfarrei St. Maria, Pastoralraum Emmen-Rothenburg, zeigt sich exemplarisch, vor welchen Schwierigkeiten Personalverantwortliche im kirchlichen Kontext heute stehen.
Das Pastoralraumteam nutzte die Chance, um von Pfarreiangehörigen zu erfahren, wo deren Bedürfnisse liegen (siehe Kasten). Ende August wurden die Resultate, die letztlich
in eine Stellenausschreibung münden sollen, von Simone Gretler Heusser, Dozentin für soziokulturelle Entwicklung an der Hochschule Luzern (HSLU), präsentiert. An der öffentlichen Präsentation wurde sichtbar, in welchem Spannungsfeld die Kirche heute steht.
Niederschwellige Angebote
In der Befragung wurde der hohe Stellenwert der Diakonie deutlich: Die bestehenden Angebote wie Mittagstisch, Sozialberatung oder Jubla werden geschätzt, sowohl die professionellen wie die von Ehrenamtlichen aus Vereinen und Gruppierungen. Besonders hevorgehoben wurde die Bedeutung der Freiwilligen und die Notwendigkeit, diese zu begleiten und zu befähigen. Weitere Angebote im Bereich von Trendthemen wie Repair-Café, Mental Health (psychische Gesundheit), Digitreffs usw. seien wünschenswert. Die Resultate zeigten auch den Wunsch nach mehr Zusammenarbeit mit nichtkirchlichen Or-
ganisationen und nach einer Öffnung in Richtung niederschwelliger, aufsuchender sozialer Arbeit.
Zusammenfassend schlägt die HSLU aufgrund der Resultate vor, für die bisherige Seelsorgestelle eine Person mit Ausbildung in Soziokultureller Animation zu suchen.
Grossräumig denken
Pastoralraumleiter David Rüegsegger haben die Resultate nicht überrascht: «Die Ergebnisse sind nicht neu, sie bestärken bisherige pastorale Ansätze», sagte er in seiner Einschätzung im Anschluss an die Präsentation. So bemühe man sich schon lange um Zusammenarbeit mit überpfarreilichen Playern wie Gemeinde, Schule, anderen Religionen oder Quartiervereinen. Dass dies bislang nicht gelungen sei, zeige den Bedeutungsverlust der Kirchen innerhalb der Gesellschaft. Die genannten Trendthemen beträfen nicht nur die Pfarrei St. Maria, sondern den ganzen Pastoralraum. Entsprechend sei ein grossräumiges Denken angesagt: «Für ein nachhaltiges Wirken müssen die Herausforderungen unter dem Dach der Katholischen Kirche Emmen-Rothenburg angegangen werden.» Auch Rüegsegger betonte die Bedeutung der Freiwilligen, wies jedoch darauf hin, dass es schon heute schwierig sei, Freiwillige für «Bewährtes» zu finden.
Die Ergebnisse werden zur Konsultation in den Kirchenrat und das Kirchgemeindeparlament getragen, bevor das Pastoralraumteam über das weitere Vorgehen entscheidet.
Bisheriges loslassen
In der anschliessenden Diskussion mit den rund 40 Anwesenden wurde deutlich, dass die Frage nach dem Bezug zur katholischen Kirche und zur Theologie viele beschäftigt. Dies betrifft einerseits die neuen Angebote selber, die «nicht direkt mit der katholischen Kirche zu tun haben», wie Simone Gretler Heusser sagte. Es betrifft aber auch die Kompetenzen und die Haltung der gesuchten Person. So fragte ein Mann nach der Einbindung der neuen Person ins Seelsorgeteam. Aus dem Votum war die Sorge um fehlende theologische Kompetenzen und in der Folge das Wegfallen bisheriger liturgischer Angebote spürbar. Eine anwesende Theologin entgegnete: «Seelsorge braucht kein Theologiestudium. Um den Menschen nahe zu sein, braucht es menschliche Kompetenzen.» Bei den Menschen zu sein, etwa in einem Digitreff oder einem Anlass zu Mental Health, sei das Kerngeschäft der Kirche.
Von Gott inspiriert
«Alles, was hier gesagt wurde, nannte man früher Missionierung», sagte ein Mann und erinnerte daran, dass die Umsetzung dieser Ergebnisse von Gott inspiriert sein müsse, inklusive der Stellenausschreibung. Auch für David Rüegsegger muss die neue Person einen Bezug zur katholischen Kirche haben. Er ist überzeugt, dass es «gut kommt». Dies gehe jedoch nicht, ohne dass Bisheriges losgelassen werde. Ein Prozess, in dem nicht nur die Katholische Kirche Emmen-Rothenburg steht, sondern die katholische Kirche weltweit.
Fokus «Soziale Angebote»
Die Katholische Kirche Emmen-Rothenburg beauftragte die Hochschule Luzern mit einer Umfrage und einem «Zukunftsworkshop» zur pastoralen Quartierarbeit in den Pfarreien St. Maria und St. Mauritius. Thema waren bestehende und mögliche neue soziale Angebote. Befragt wurden 32 vom Pfarreiteam vermittelte Personen. Aus den Antworten wurden fünf Thesen aufgestellt, die im Juni an einem öffentlichen Zukunftsworkshop diskutiert wurden. Die Resultate wurden Ende August präsentiert.