Wo Begegnung einfach geschieht
Wegen Umbau geschlossen: nicht so in Sempach. Dort steht draussen während der Kirchenrenovation das Tiny-Chäpeli. Drinnen begegnen sich Menschen. Zwangsläufig.
«Ein kleiner Rückzugsort aus dem Alltag»: das Tiny-Chäpeli vor der Pfarrkirche Sempach. | Bild: Gregor Gander
Tiny ist englisch und heisst winzig. Tatsächlich misst das offene, blaue Holzkabäuschen oben auf der Kirchentreppe nur gut drei auf zweieinhalb Meter. Etwa acht Personen haben stehend darin Platz. «Da kann man einander nicht ausweichen», sagt Franz Zemp. «Man muss einander anschauen. Es geschieht Begegnung.» Zemp ist Pfarreileiter in Sempach. Ihn erinnert das Chäpeli auch an die vielen kleinen Wegkapellen; offene, kleine Kirchlein, die zum Innehalten und zum Gebet einladen.
Ein Farbtupfer
Die Pfarrkirche Sempach wird seit Juli und noch bis im Frühling innen renoviert. Zemp wollte für diese Zeit einen Informationspunkt vor der Kirche. Als er den Künstler Urs Heinrich beizog, wurde daraus «ein kleiner Rückzugsort aus dem Alltag», wie Heinrich das Chäpeli bezeichnet. Dem Kirchenrat gefiel die Idee: ein blauer Farbtupfer mit goldenen Rändern vor der Kirche, die dort seit bald 200 Jahren steht.
Weihwasser to go
Tritt jemand ein, geht ein warmes Licht an und es ertönt Musik. Auf einem Bildschirm sind Bilder aus dem Pfarreigeschehen und aus der Natur zu sehen; QR-Codes führen zu weiteren Informationen, etwa über den Baufortschritt. Weihwasserfläschchen dürfen mitgenommen werden. Im Mittelpunkt steht ein von Heinrich gemaltes Bild, das symbolisch in die Mitte, zur Lebensquelle, führt. Für diesen ist das Chäpeli ein Herzraum, er spricht vom «Zu-sich-Kommen».
Daneben gibt es die Möglichkeit, dieses «Bei-sich-Sein» weiterzugeben. Symbolisch können, bar oder per Twint bezahlt, Kerzen angezündet werden. Einmal am Tag sorgt jemand dafür, dass diese in der Kreuzkapelle auch wirklich brennen. Weiter liegen Ansichtskarten auf, die man an jemanden schreiben kann. Das Pfarreisekretariat holt sie ab, frankiert sie und bringt sie zur Post.
Der Künstler Urs Heinrich (rechts) hat das Chäpeli in Zusammenarbeit mit Pfarreileiter Franz Zemp geschaffen. | Bild: zVg
Für das Seelsorgeteam entspricht das Tiny-Chäpeli «dem Zeitgeist einer kleinen, mobilen und bedürfnisgerechten Art von Kirche», schreibt es in ei-ner Mitteilung. Bei der Bevölkerung kommt es an. «Die Leute sind überrascht, aber auch berührt», ergänzt Franz Zemp. Für einige sei das Chäpeli auch Ausdruck davon, «dass etwas Neues innerhalb der Kirche möglich ist». Ihm wie Heinrich sind «neue Wege» wichtig, «gerade auch, weil in der Kirche wenig Reformen möglich sind», wie Zemp sagt. Das Chäpeli mache dies an der Basis sichtbar.