Zahlen stabil, die Bindung sinkt
Die Zahl der Katholikinnen und Katholiken in der Schweiz wird bis 2030 in etwa gleich bleiben. Das erwartet das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) in einer neuen Studie. Doch der Eindruck von Stabilität trüge, heisst es.
Die Statistik zeigt, dass die Kirchenbindung der Mitglieder schwächer wird: der versunkene Turm im Reschensee, Wahrzeichen des Vinschgau. Gregor Gander
Die Taufzahlen sinken, die Austrittszahlen steigen. Das stellt das SPI einmal mehr fest. Dennoch blieb die absolute Mitgliederzahl der katholischen Kirche in den letzten Jahren stabil. Als Grund dafür nennt das SPI die Migration. Allerdings habe der Anteil der Katholikinnen und Katholiken an der ständigen Wohnbevölkerung in der Schweiz «seit etlichen Jahren stetig» abgenommen.
Anteil sinkt nur leicht
Das stellt die neue SPI-Studie, die am 10. November veröffentlicht wurde, als Ausgangslage fest. Das SPI wollte wissen, wie der Trend weitergeht bis ins Jahr 2030. Die Wissenschaftler gehen dabei von einem Wachstum der Bevölkerung von heute 8,7 auf 9,4 Millionen aus. Weiter nahmen sie an, dass sich der bisherige Trend in der kirchlichen Entwicklung fortsetzt. Also würde der Anteil der Katholikinnen und Katholiken an der Gesamtbevölkerung sinken – weiterhin um rund ein halbes Prozent jährlich.
Kirchen verlieren Rückhalt
Da aber die Bevölkerung insgesamt zunehme, bleibe die Katholikengemeinschaft ungefähr gleich gross wie bisher. Statt drei Millionen (2019) wird es – gemäss dieser Berechnung – im Jahr 2030 noch 2,9 Millionen Katholikinnen und Katholiken geben. «Das ist keine grosse Differenz», sagt Urs Winter, wissenschaftlicher Projektleiter beim SPI. Allerdings relativiert die Studie die positive Prognose. Der Eindruck von Stabilität trüge, heisst es im Fazit. Die Kirchenstatistik zeige, dass die Kirchenbindung der Mitglieder schwächer werde. Und die Kirche
werde an Rückhalt in der Bevölkerung verlieren, weil anteilsmässig weniger Menschen darin eingebunden seien. Die SPI-Studie sieht einen fortlaufenden Relevanzverlust der Kirchen – auch der reformierten.
Zahlen erleichtern Planung
Die aktuelle Prognose trete zudem nur ein, «wenn die Bedingungen gleichbleiben», sagt Winter. «Dass aber jederzeit etwas Unerwartetes passieren kann, haben wir ja in der Corona-Pandemie gemerkt», meint er weiter. Doch für die Kirche sei es wichtig zu wissen: «Wie viel Personal brauchen wir künftig und wie viele Gebäude?» Die SPI-Prognose solle bei solcher Planung helfen.
Rückgang nur in Europa
1,34 Milliarden Katholikinnen und Katholiken zählte die Weltkirche Ende 2019. Das waren 15,4 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Der Anteil der römisch-katholischen Christen an der Weltbevölkerung stieg damit leicht auf 17,7 Prozent. Einzig in Europa gab es ein deutliches Minus bei den Katholiken von 292 000. Dies geht aus der Jahresstatistik des vatikanischen Informationsdienstes hervor, die im Oktober veröffentlicht wurde.
Ein ähnliches Bild ergab sich mit Stand Ende 2019 bei der Zahl katholischer Priester weltweit. Diese stieg gemäss Vatikan-Angaben im Vorjahresvergleich um 271 Priester auf 414 336. In Europa gab es dagegen ein Minus von 2608 Priestern. Den grössten Zuwachs verzeichnete Asien.