Zeichen gegen die Gleichgültigkeit
Zusammenstehen, um die fehlenden Worte auszudrücken. Seit über 30 Jahren gibt es in Luzern das «Schweigen für den Frieden». Damit wird ein stilles Zeichen gegen die Gleichgültigkeit gesetzt.
Ein Kreis von rund zwanzig Menschen steht schweigend vor dem Rathaus Luzern – ein lebendes Mahnmal für die Regierenden dieser Welt. Bild: Sylvia Stam
Wer an diesem Donnerstagabend die Rathaustreppe hoch kommt, kann nicht umhin, vor dem Rathaus den Kreis von Menschen wahrzunehmen. Sie stehen schweigend, die Lücke im Kreis gibt den Blick auf ein farbenfrohes Transparent frei: «Schweigen für den Frieden. Stehen auch Sie zu uns.»
Der kurze Impuls zu Beginn kommt diesmal von Barbara Hosch von der Beratungsstelle für Sans Papiers, eine der Trägerorganisationen: «Wir verbinden uns mit allen, die weltweit auf der Flucht sind. Für sie schweigen wir, um ein Zeichen zu setzen gegen die Gleichgültigkeit.»
Die rund zwanzig Personen stehen eine halbe Stunde schweigend da. Es liegt etwas Andächtiges über dem Kreis. Auf demselben Platz trinken Leute ihr Feierabendbier, Passant*innen laufen vorbei, manche verlangsamen ihre Schritte, schauen aufmerksam und gehen dann weiter. Ein Mann stellt sich kurz in den Kreis, nach wenigen Minuten verneigt er sich und geht weiter.
«Es hat sich gelohnt»
Nicola Neider, Leiterin Bereich Migration und Integration der Katholischen Kirche Stadt Luzern, steht ausserhalb des Kreises und verteilt Infoflyer an die Vorübergehenden. Eine Frau kommt mit ihr ins Gespräch: «Wir können nicht wirklich etwas tun», sagt sie mit resignierter Stimme. Es entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch über den Ukraine-Krieg und die eigene Ohnmacht. «Es gibt jedesmal mindestens eine Begegnung, sodass ich hinterher sage, es hat sich gelohnt», sagt Neider, nachdem das Schweigen beendet ist. «So wie diese Frau vorher, für sie war es wichtig zu reden, nicht zu schweigen.» Also habe sie ihr zugehört. «Es ist so wichtig und sinnvoll, gemeinsam die fehlenden Worte zum Ausdruck zu bringen», so Neider.
Mehrere Teilnehmende bestätigen dies: «Das ist etwas, was man tun kann», sagt ein Mann aus Adligenswil, «jetzt erst recht.» Eine Frau pflichtet ihm bei. Sie weiss schon lange, dass es das «Schweigen für den Frieden» gibt, ist aber heute zum ersten Mal da. Wird sie wiederkommen? «Ich denke schon», entgegnet sie.
Wenn Worte fehlen
Das «Schwiegen für den Frieden» will auf leise, kraftvolle Art zum Ausdruck bringen, dass einem oft die Worte fehlen, um auf das Elend von Flüchtlingen, Krieg, Hunger und Unterdrückung weltweit zu reagieren. Mitte der 1980er-Jahre von den «Frauen für den Frieden» und der «Theologischen Bewegung» lanciert, wird es heute von gut 15 meist kirchlichen Organisationen getragen, darunter die katholische Kirche Stadt Luzern, die reformierte und die katholische Landeskirche, die Islamische Gemeinde Luzern, Caritas Luzern und die Basisgruppen Luzern. Eine der Organisationen ist jeweils für den Impuls des Abends verantwortlich.
In der Regel jeden letzten Do im Monat, 18.30 – 19.00, Kornmarkt Luzern. Details finden Sie hier.